DJ ANALYSE/Nachjustierung bei Bankenregulierung kein Allheilmittel
Von Telis Demos
NEW YORK (Dow Jones)--Manchmal wird die Bankenregulierung als Allheilmittel und eine Art Zauber für die Märkte beschworen. Oft ist dieser jedoch nicht ganz so wirkmächtig, wie alle gehofft haben.
Das jüngste Beispiel ist die Diskussion darum, ob die Federal Reserve ihre Notfallpolitik in der Pandemie verlängern wird, bei der sie Barmittel und Staatsanleihen von den erweiterten Verschuldungsquoten der Banken ausschließt. Das wäre eine wichtige regulatorische Maßnahme.
Diese würde den Banken mehr Spielraum geben, um Einlagen zu sammeln und Staatsanleihen zu kaufen. Falls die Fed nicht verlängert, nachdem das Programm am 31. März ausläuft, könnte noch mehr Aufwärtsdruck bei den Renditen am Treasury-Markt entstehen.
Die Ausweitung dieser Erleichterung könnte ängstliche Märkte beruhigen, und die Fed könnte dies wiederum als Beweis ihrer klugen Geldpolitik oder eines funktionierenden Finanzmarkts preisen. Auf der anderen Seite drohen politische Kosten, denn einige führende US-Demokraten halten von einer Ausweitung gar nichts.
Gespenst der steigenden Zinsen
Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sich das Gespenst der steigenden Zinsen damit verzieht. Die größten US-Banken operierten zum Ende des vierten Quartals auch ohne Ausnahmeregelung im Rahmen ihrer Verschuldungsgrenzen. Demnach hatten sie laut Analysten von Wolfe Research immer noch Raum für eine Aufstockung ihrer Bilanzen, wenn auch in unterschiedlichem Umfang.
Dies scheint für viele Banken auch im ersten Quartal zu gelten. Die Bank of America teilte Ende Februar mit, sie sei immer noch "gut positioniert" und könne auch ohne die Ausnahmeregelung auskommen, die sie ohnehin nicht gebraucht hätte. Die Citigroup berichtete, dass die zusätzliche Verschuldungsquote "für uns nicht zwingend werden würde", selbst wenn weiteres Bilanzwachstum und eine höhere Kapitalrendite vorausgesetzt würden. Die Banken sind außerdem mit noch anderen regulatorischen Beschränkungen konfrontiert, die mit der Ausnahmeregelung nichts zu tun haben.
Andere Drucklöser
Dies bedeutet aber nicht, dass das Ende der Ausnahmeregelung möglicherweise keine Probleme nach sich ziehen wird. JP Morgan Chase hat gewarnt, dass es ohne eine Verlängerung der Erleichterung ein Problem für die Bank sein könnte, wenn die Fed ihre Bilanz wie erwartet weiter aufbläht. Andere Möglichkeiten, wie die Bank den Druck abbauen könnte, sind die Ausgabe von Vorzugsaktien oder die Zurückweisung von Einlagen.
Zum Kräftespiel zählen auch Überlegungen der Banken hinsichtlich Auszahlungen an ihre Aktionäre und zur Eigenkapitalrendite. Aber selbst wenn Banken bislang nicht bilanziell eingeschränkt waren, müssen sie doch eine Reihe von Faktoren abwägen, wenn sie daran denken, ihre wachsende Liquidität in langfristige Staatsanleihen zu investieren.
Wenn die Zinssätze nämlich weiter steigen, verlieren Staatsanleihen an Wert. Und dies kann auf Kosten des Kapitals der Banken gehen. Banken könnten sich natürlich dafür entscheiden, Staatsanleihen bis zur Fälligkeit zu halten und damit einen solchen Belastungsfaktor zu vermeiden. Letztendlich aber versuchen die Banken in einer sich verbessernden Wirtschaft stets, Kredite an Verbraucher und Unternehmen zu vergeben und nicht auf ewig Geld in Staatsschulden zu parken.
"Würde keine Zehnjährigen kaufen"
Was die Branche denkt, wurde kürzlich deutlich: Jamie Dimon, Chief Executive von JPMorgan, sagte Anfang dieses Monats in einem Interview, dass ein Zinsanstieg wahrscheinlich sei und dass "ich mir deshalb ganz im Klaren bin, keine zehnjährigen Staatsanleihen zu kaufen". Laut wöchentlichen Zahlen der Federal Reserve haben große US-Banken in den vier Wochen bis zum 24. Februar Treasurys im Wert von rund 33 Milliarden US-Dollar verkauft. Dies wurde durch den Kauf von hypothekenbesicherten Wertpapieren ausgeglichen.
Banken müssen auch die Art ihrer Einlagen berücksichtigen. Viele eingehende Dollar könnten mit der Belebung der Wirtschaft wieder abfließen, was bedeutet, dass eine Bank auf jeden Fall daran interessiert sein muss, hochliquide Vermögenswerte wie Bargeld bei der Federal Reserve oder sehr kurzfristige Instrumente zur Hand zu haben.
"Banken müssen an die Zukunft denken", sagt Wolfe-Analyst Steven Chubak. Auch sei nicht sicher, so der Zinsstratege Mark Cabana von der Bank of America, dass die Rolle der Banken als Marktintermediäre unmittelbar beeinträchtigt würde.
Laut den Experten der Bank of America finanzieren sich Dealing Desks in der Regel über Rückkaufsvereinbarungen ("Repos"), die nicht von den Verschuldungsquoten ausgenommen waren. Sie schrieben vergangenen Freitag, dass die Verlängerung der derzeitigen Befreiung für die Zinssätze nur von sehr eingeschränktem Nutzen sein dürfte, obwohl dies die aktuellen Marktbedingungen verbessern könnte.
Eine umfassendere Betrachtung, wie Banken und Treasury-Märkte in einer Welt mit einer größeren Fed-Bilanz reguliert sind, ist auf jeden Fall geboten. Derzeit gibt es jedoch noch viele andere zugrunde liegende Kräfte, die die Zinsen in die Höhe treiben: eine sich beschleunigende Wirtschaft, Inflationsbedenken und die Erwartung einer Reduktion der expansiven Geldpolitik durch die Fed. Regulierungsänderungen sind nur Teil dieser viel größeren Geschichte.
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March 10, 2021 06:00 ET (11:00 GMT)
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