DJ Industrie sieht im Grünen-Programm "wenig Licht und viel Schatten"
Von Petra Sorge
BERLIN (Dow Jones)--Trotz der angekündigten Milliarden-Investitionen stoßen die Grünen-Vorschläge zur Bundestagswahl bei der Industrie überwiegend auf Ablehnung. "Das Programm zeigt wenig Licht und viel Schatten", erklärte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang. Die geforderten Zukunftsinvestitionen von 50 Milliarden Euro jährlich im kommenden Jahrzehnt seien zwar "positiv". Insgesamt aber würden Wirtschaft und Gesellschaft den klimafreundlichen Umbau teuer bezahlen.
Kritik am deutschen Klimaziel von 70 Prozent bis 2030
In ihrem am Freitag vorgestellten 137-seitigen Programmentwurf sprechen sich die Grünen unter anderem für ein deutlich ambitionierteres deutsches Klimaziel 2030 aus. Sie wollen statt 55 Prozent nun 70 Prozent an CO2-Emissionen gegenüber 1990 einsparen. Auch die Forderung, die CO2-Preiserhöhung auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorzuziehen, stößt beim BDI auf Kritik. "Höhere Steuern mindern die Investitionskraft und behindern Zukunftsausgaben in Klimaschutz." Die vorgeschlagene Klimaverträglichkeitsprüfung für Genehmigungen wiederum sei "eine Mogelpackung, weil sie neue Bürokratie schafft statt dringend erforderliche Entlastung", so Lang.
Unter der vorgeschlagenen Vermögensteuer würden nicht nur die Unternehmen, sondern alle Bürger leiden, erklärte der BDI-Hauptgeschäftsführer. Laut dem Grünen-Vorschlag soll die Steuer für Vermögen oberhalb von 2 Millionen Euro pro Person gelten und jährlich 1 Prozent betragen. Begünstigungen für Betriebsvermögen sollen aber möglich sein.
Scharfe Kritik übte der BDI auch an der grünen Handelspolitik: Mit "überfrachteten Anforderungen" würden Handelsabkommen "gänzlich verhindert". In ihrem Programm lehnt die Partei sowohl das Mercosur-Abkommen der EU mit dem lateinamerikanischen Staatenverbund als auch das CETA-Abkommen mit Kanada in seiner derzeitigen Fassung ab. "Die Grünen verkennen, wie stark die deutsche und europäische Bevölkerung von Export, offenen Märkten und funktionierenden Lieferketten profitiert", betonte Lang.
Chemieindustrie sieht zu viele Verbote und Belastungen
Mit den angebotenen grünen Rezepten lasse sich "nur davon träumen, dass so eine ökologische Transformation gelingt", erklärte der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), Wolfgang Große Entrup. Es fehle etwa die wichtige Antwort auf die Frage, wie energieintensiven Branchen wie der chemischen Industrie kostengünstiger grüner Strom in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt werden könne. "Das politische Programm der Grünen wird leider dominiert von Grenzwerten, Verboten, Verteuerungen und Ausstiegsmaßnahmen."
Der Verband lehnt auch den vorgeschlagenen CO2-Grenzausgeich, die grünen Vorhaben für ein Lieferkettengesetz, ein Unternehmensstrafrecht, strengere Haftungsregelungen, grüne Finanzmärkte und das Recht auf Homeoffice ab. Die Summe dieser falschen Rezepte drohe besonders kleine und mittelständische Unternehmen zu überfordern, warnte Große Entrup.
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March 19, 2021 10:54 ET (14:54 GMT)
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