DJ Experten streiten über Blindpool-Verbot im Anlegerschutzgesetz
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Von der Bundesregierung geplante verstärkte Anlegerschutzmaßnahmen sind bei einer Anhörung im Bundestags-Finanzausschuss zwar überwiegend auf Zustimmung gestoßen. Teils sei aber auch der Bedarf an Nachbesserungen des Gesetzentwurfes zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes geäußert worden, teilte der Bundestags-Pressedienst mit. Umstritten war demnach besonders ein geplantes Verbot so genannter Blindpool-Anlagen, in denen die konkreten Anlageobjekte zum Zeitpunkt der Prospekterstellung noch nicht feststehen.
Mit der Neuregelung sollen Anleger besser vor zweifelhaften Kapitalmarktinvestments geschützt werden. So soll der Vertrieb von Vermögensanlagen stärker reguliert, und die Kontrollkompetenzen der Finanzaufsicht sollen erweitert werden. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, Blindpool-Anlagen zu verbieten, um eine hinreichende Bewertungsmöglichkeit zum Zeitpunkt der Anlage sicherzustellen.
Der Vertrieb von Vermögensanlagen darf nach der künftigen Regelung nur durch beaufsichtigte Anlageberater und Finanzanlagevermittler erfolgen. Die Möglichkeiten zur Prüfung der Rechnungslegung von Vermögensanlageemittenten sollen verbessert, und es soll eine Mittelverwendungskontrolle durch unabhängige Dritte eingeführt werden, um Missbräuche zu verhindern. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) soll bei bedenklichen Produkten umfangreicher als bisher eingreifen können.
Investition nur noch in konkrete Objekte
Nach Ansicht von Uwe Kremer von der Bundesarbeitsgemeinschaft mittelständischer Investmentpartner gefährde ein Blindpool-Verbot aber sinnvolle Investitionen in für die Volkswirtschaft relevante Sachwerte wie erneuerbare Energien, Wohnungsbau und Logistik. So könnten Privatanleger im Wohnungsbau dann nur noch in ganz konkrete Objekte investieren. Im Fall eines Scheiterns würde der Anleger viel Geld verlieren. Bei einem Blindpool könne der Emittent dagegen flexibel auf Marktveränderungen reagieren, was das Risiko für den Anleger mindere.
Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger erklärte laut den Angaben, ein Verbot von Blindpool-Anlagen würde "eher Probleme schaffen" als lösen. So könnten Privatanleger dann nur noch in schon konkret geplante Immobilienobjekte investieren und nicht mehr in noch unbestimmte Vorhaben. Auch Venture-Capital-Fonds würden für sie wegfallen, da diese regelmäßig erst nach Schließung des Fonds das Anlageobjekt bestimmen.
Andere Experten hielten das Blindpool-Verbot hingegen für richtig. Peter Mattil, Fachanwalt für Bank-und Kapitalmarktrecht, hielt die "deutlich verschärften Anforderungen" für Emittenten von Vermögensanlagen für geeignet, Verbraucher vor unnötigen Verlusten zu schützen. "An einigen Stellen müssten die Maßnahmen allerdings noch konsequenter sein", meinte er. Christian Ahlers vom Verbraucherzentrale Bundesverband empfahl "im Hinblick auf die fortgeschrittene Legislaturperiode", den Gesetzentwurf im Wesentlichen so wie vorgelegt zu verabschieden.
"In der Praxis stolpern wir immer wieder über Blindpool-Anlagen, die uns Bedenken bereiten", berichtete Jürgen Oberfrank von der Bafin. Deshalb sei der Gesetzentwurf richtig. Emittenten müssten dann entweder konkreter werden mit ihren Angaben, wofür sie das eingesammelte Geld verwenden wollen, oder aber "Anlageformen mit intensiverer Aufsicht wählen".
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April 26, 2021 11:56 ET (15:56 GMT)
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