DJ MARKT-AUSBLICK/Kein Ende der Hausse in Sicht - Don't sell in May
Von Herbert Rude
FRANKFURT (Dow Jones)--Am deutschen Aktienmarkt legt die Hausse derzeit eine Pause ein. Seit Wochen liegt der DAX in einer Spanne zwischen gut 15.000 und 15.500 Punkten. Nun beginnt die saisonal schwierigere Phase an den Börsen - und wie so häufig Ende April zieht das Motto "Sell in May and go away" seine Kreise.
Aus derzeitiger Sicht drängen sich Verkäufe aber nicht auf. In den USA geht der Börsenaufschwung bereits weiter. Im April haben sowohl der Dow Industrial als auch der Dow Transportation neue Höchststände erzielt. Nach der Theorie von Charles Dow - dem Begründer des Betreibers auch dieser Nachrichtenagentur - ist der Bullenmarkt damit intakt, denn erst ein Ende des Gleichlaufs und damit eine so genannte Divergenz würde die Gefahr einer Top-Bildung anzeigen.
Auch am deutschen Aktienmarkt liegen trotz der andauernden Verschnaufpause keine Top-Formationen oder Ausstiegssignale vor. Damit sollte sich die Hausse am deutschen Aktienmarkt irgendwann fortsetzen, wenn noch nicht in der kommenden Woche, dann eben etwas später. Wer jetzt verkauft, läuft Gefahr, dass er später nur zu höheren Kursen wieder in den Markt hineinkommt.
Das Befolgen der Sell-in-May-Regel zehrt ohnehin lediglich an der Rendite, wie Fondsmanager Sven Lehmann von der Vermögensverwaltung HQ Trust für den US-Index S&P-500 errechnet hat. Zwar habe die Rendite derjenigen, die von Mai bis September nicht investiert waren, immerhin jährlich 6,3 Prozent betragen, sagt er mit Blick auf die vergangenen 150 Jahre. "Am besten wäre es allerdings gewesen, gar nicht zu verkaufen", so Lehmann. Denn dann hätte die Wertentwicklung bei jährlichen 9,2 Prozent gelegen.
Boom hat begonnen - und starke Unternehmenszahlen stützen bereits
Zudem hat jetzt auch der Wirtschaftsboom begonnen. In den USA ist das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal annualisiert um 6,4 Prozent gewachsen. In Deutschland ist die Wirtschaft zwar noch geschrumpft. Mit den zuletzt stark zunehmenden Impfungen dürfte die Phase der Lockdowns aber schon bald zu Ende gehen, die hohen Sparraten werden sich dann in einem kräftigen Anstieg der Konsumausgaben niederschlagen.
In den USA legen die Unternehmen trotz bereits hoher Gewinnniveaus überraschend gute Zahlen vor. Das relativiert die These von der angeblich hohen Bewertung. In Deutschland verläuft die Berichtssaison bisher ebenfalls vielversprechend: Nach einer Auswertung der Commerzbank der ersten 13 Quartalsberichte aus dem DAX haben zehn Konzerne die Prognosen geschlagen und sechs haben sogar den Ausblick erhöht. Im MDAX sieht die Entwicklung ähnlich aus. Und die Perspektiven bleiben gut: Denn die Unternehmen gehen aus einer Phase der Digitalisierung und damit der Produktivitätssteigerungen in den Boom hinein.
Erst mit Tapering-Diskussion Rückschläge, die den Namen verdienen
Kräftigere Rückschläge sind damit wahrscheinlich erst zu erwarten, wenn die Notenbanken offen über Tapering diskutieren. Danach sieht es aber noch nicht aus. Mit dem beginnenden Wirtschafts-Boom in einem Niedrigstzinsumfeld sollten zunächst sowohl die Aktienkurse als auch die Renditen steigen. Auf der Aktienseite sollten davon die Banken besonders profitieren, aber auch rohstoffnahe Branchen sowie ausgewählte Zykliker und Konsumwerte.
In der kommenden Woche läuft die Berichtssaison weiter auf Hochtouren: Mit Infineon, Deutscher Post, Siemens Energy, Fresenius, FMC, VW, Henkel, Heidelbergcement, Siemens und Adidas legen gleich zehn DAX-Unternehmen neue oder ergänzende Daten aus ihren Quartalsbilanzen auf den Tisch, oder, besser gesagt, sie stellen sie ins Netz. Hinzu kommen ergänzende Zahlen von Munich Re. Auf der Makro-Seite kommt der Höhepunkt erst am Freitag mit dem US-Arbeitsmarktbericht. Erwartet wird, dass die US-Wirtschaft im April fast 900.000 neue Arbeitsplätze geschaffen hat und damit wieder fast so viele wie im März. In Deutschland stehen Auftragseingänge und Industrieproduktion auf der Agenda.
DJG/hru/cln
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April 30, 2021 06:33 ET (10:33 GMT)
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