DJ Spahn: Patentfreigabe würde China in die Hände spielen
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung hat vor einer befristeten Patentfreigabe von Impfstoffen gegen das Coronavirus gewarnt. Damit würde man die deutsche Forschung schwächen und China in die Hände spielen, erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.
"Den größten Gefallen, den Sie China gerade machen können, ist alle Patente, die in Europa entwickelt wurden, freizugeben", warnte Spahn auf einer Pressekonferenz. "Wir müssen ja von irgendwas noch leben in diesem Land, damit wir anderen helfen können und damit wir forschen können."
Damit die Regierung Forschungsförderung machen könne, brauche es zunächst einmal Wertschöpfung in Deutschland. "Steuergelder fallen ja nicht irgendwo vom Himmel. Die werden erwirtschaftet bevor man fördern kann", so Spahn.
Besonders von US-Präsident Joe Biden hat es Forderungen gegeben, die Patente für Impfstoffe befristet freizugeben, um ärmeren Ländern den Zugang zu den Vakzinen zu erleichtern. Die deutsche Regierung sieht das allerdings kritischer. Sie verweist auf den Schutz des geistigen Eigentums und unzureichende Produktionskapazitäten für die Corona-Impfstoffe in vielen Ländern.
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek warnte zudem, dass die Freigabe von Patenten die privatwirtschaftliche Erforschung neuer Impfstoffe behindern würde. Stabile Rahmenbedingungen seien gerade bei Hochrisikoinvestitionen etwas, was lebensnotwendig sei.
"Wenn wir diese Sicherheit zukünftig nicht geben, dass wir an diesen Patenten festhalten, dass wir damit Vertrauen und Sicherheit für privatwirtschaftliche Hochrisikoinvestitionen geben, dann werden sie nicht stattfinden", warnte Karliczek.
Wenn Impfstoffe ein Allgemeingut werden sollten, dann müsse man das von vornherein ein Stück weit mehr in staatliche Hände geben. "Aber wenn wir heute in etwas eingreifen aus der Vergangenheit, zerstören wir damit Vertrauen und damit im Grunde einen ganzen Markt, der sich im Grunde sehr, sehr gut entwickelt", so die Ministerin. "Dass wir heute so schnell an einen Impfstoff gekommen sind, hat damit zu tun, dass eben über viele Jahre diese Entwicklung auch aus der Privatwirtschaft gefördert worden ist."
Spahn betonte, man wolle in der Pandemie die Welt mit Impfstoffen und Therapeutika versorgen. Die Frage sei aber, was der Weg dahin sein solle, so dass man selbst stark genug bleibe, um auch in Zukunft solche Medikamente und Impfstoffe entwickeln zu können.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/mgo
(END) Dow Jones Newswires
May 12, 2021 07:06 ET (11:06 GMT)
Copyright (c) 2021 Dow Jones & Company, Inc.