DJ DIW: Marktkonzentration steigt lediglich bei Dienstleistungen
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--In Deutschland ist die Marktkonzentration seit 1995 insgesamt konstant geblieben. Lediglich im Dienstleistungssektor stieg sie an, ergab eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Das Berliner Institut forderte von der Politik, Märkte offen und wettbewerbsfähig zu halten, um Verbraucher vor den negativen Folgen zunehmender Marktkonzentration zu schützen.
"Die viel beschworene Sorge, dass immer weniger Unternehmen immer mehr Marktmacht auf sich vereinen, ist nur bedingt berechtigt", erklärte das DIW. "Ursache für die Sorge ist, dass Unternehmen höhere Preise verlangen könnten, wenn sich wenige Monopolisten die Märkte teilen und dies nicht einer höheren Effizienz zu verdanken ist. Auch könnte unter erhöhter Marktmacht die Qualität der Produkte oder die Innovationskraft der Unternehmen leiden."
Nach Sektoren differenziert ergibt sich laut DIW bei der Marktmacht allerdings ein anderes Bild. Im verarbeitenden Gewerbe bleibe zwar der Trend auf einem hohen Niveau konstant. Bei Dienstleistungen, die auch Handel und Baugewerbe umfassen, sei hingegen eine durchschnittliche Zunahme von 2 Prozent pro Jahr zu beobachten.
Steilerer Trend in der EU und auf globalen Märkten
Auf den EU-weiten oder globalen Märkten zeige sich sogar ein umso steilerer Trend, je größer der Markt ist. Das DIW führt dies auf Eintrittsbarrieren, aber auch höhere Effizienz zurück. Ähnliche Entwicklungen seien auch in Frankreich und im Vereinigten Königreich festzustellen.
"Zu einer steigenden Marktkonzentration kann im positiven Fall eine höhere Effizienz zum Beispiel durch immaterielle Investitionen wie Forschung und Entwicklung, Patente und Lizenzen geführt haben. Im negativen Sinn aber auch eine größere Marktmacht, die mit zunehmender Größe der Unternehmen noch an Fahrt aufnehmen kann. Denken wir dabei nur an die Tech-Konzerne wie Google & Co.", warnte DIW-Ökonom Tomaso Duso. "Nicht umsonst sind dort einige Verfahren wegen Marktmissbrauchs anhängig."
Die Untersuchung des DIW ergab, dass zwar ein Teil der zunehmenden Marktkonzentration im Dienstleistungssektor der höheren Effizienz, also zum Beispiel Innovationen, geschuldet sei. Aber den größten Anteil an diesem Trend habe wohl eine ungehindert wachsende Marktmacht, so Duso.
"Meist kommt diese durch Markteintrittsbarrieren zustande. Strenge Fusionskontrollen haben diesem Trend in der Vergangenheit entgegenwirken können", sagte der Ökonom. Als Konsequenz forderte das DIW von den Kartellbehörden sowohl in Deutschland als auch in Europa, dass sie weiter und sogar verstärkt eine strenge Fusionskontrolle und eine strenge Wettbewerbspolitik durchsetzten sowie Markteintrittsbarrieren abbauten.
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May 19, 2021 06:13 ET (10:13 GMT)
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