DJ EZB-Chefvolkswirt Lane sieht kein neues Inflationsumfeld
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Philip Lane, sieht im deutlichen Anstieg der Inflationsraten keinen Anhaltspunkt für ein neues Inflationsregime, sondern vor allem eine Gegenbewegung zu Preisrückgängen im vergangenen Jahr. In einer vom Institute of International & European Affairs (IIEA) veranstalteten Podiumsdiskussion erklärte Lane den Anstieg der marktbasierten Inflationserwartungen mit dem "Auspreisen von Katastrophenszenarien".
"Im Großen und Ganzen ist vieles von dem, was wir derzeit sehen, eine Umkehrung der Vorgänge des vergangenen Jahres", sagte Lane. Die gute Nachricht sei, dass der Wiederaufschwung global stärker sei als viele Leute erwartet hätten. Er fügte hinzu: "Wir sehen, dass verschiedene Sektoren zu pessimistisch gewesen sind. So gibt es zum Beispiel Engpässe bei Halbleitern, es gibt Einschränkungen bei bestimmten Schifffahrtsrouten. Und wenn es einen ungeplanten Engpass gibt, dann wird das zu Preisreaktionen führen. Aber das ist keine Inflation."
Lane sieht nach eigenen Worten "so gut wie keine Verbindung" zwischen gegenwärtigen weltweiten Preisanstiegen und dem, was in den Inflationstrend eingehe. Zwei Drittel des europäischen Verbraucherpreisindex kämen aus dem Dienstleistungssektor und in diesen gehe vor allem der Arbeitsmarkt ein. "Weder in den USA noch im Euroraum gibt es die Aussicht auf eine superschnelle Erholung des Arbeitsmarkts", sagte der EZB-Chefvolkswirt. "Dass sich die Welt und der Euroraum in einem Umfeld anhaltender Inflation befinden, sehe ich einfach nicht."
Im vergangenen Jahr habe es an den Märkten viel Pessimismus gegeben, jetzt stehe das Ausrollen der Impfkampagnen im Vordergrund. "Dass Katastrophenszenarien ausgepreist werden, bedeutet nicht, dass wir ein neues Inflationsumfeld haben", sagte er.
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May 20, 2021 06:32 ET (10:32 GMT)
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