
Die politische Reaktion fiel gemessen an den Möglichkeiten sehr lau aus. Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz machte einen Wahlkampfauftritt daraus. Er stellte in Aussicht, die nötige Korrektur bei der Rentenbesteuerung mit dem SPD-Wahlversprechen einer Einkommensteuerreform für Geringverdiener nach der Bundestagswahl zu verbinden. Die CDU/CSU im Bundestag will flugs reagieren - nämlich das Thema mit Scholz im Finanzausschuss erst einmal diskutieren. Von Handeln fehlte auch hier jede Spur. Dabei kann die Bundesregierung auch anders: Auf die nur einen guten Monat alte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Generationengerechtigkeit im Klimaschutz reagierte sie umgehend und schneller, als es die Richter vorgaben. Kaum zwei Wochen später beschloss das Bundeskabinett eine zeitlich ambitioniertere Frist, um hierzulande Klimaneutralität zu erreichen.
Bei Auslegungsfragen zur Besteuerung folgt die Finanzverwaltung dem immerwährenden Grundsatz: im Zweifel für den Fiskus. Bekommt der Steuerzahler vor den Gerichten Recht, legen Exekutive und Legislative ein beachtliches Trägheitsmoment an den Tag. Mit Nichtanwendungserlassen wird die Judikative erst einmal ignoriert. Bei nächster Gelegenheit muss der Gesetzgeber ran und ein vermeintliches Steuerschlupfloch schließen. Das führt zum Verdruss beim Steuerzahler, auch zum Politikverdruss.
Diesmal hat der Finanzhof etwas Entscheidendes geklärt. Freibeträge wie der für das Existenzminimum stehen allen Steuerzahlern zu und dürfen für Rentner nicht verrechnet werden und verloren gehen. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit, der Steuergerechtigkeit. Regierung und Gesetzgeber sind gut beraten, dem Steuerzahler in dieser Frage der Gerechtigkeit zu Recht zu verhelfen - schnell und zuverlässig, nicht vielleicht in der nächsten Legislaturperiode.
(Börsen-Zeitung, 01.06.2021)
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