DJ EZB: Internationale Rolle des Euro sinkt in Corona-Krise leicht
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Euro hat seine Rolle als weltweit zweitwichtigste Währung hinter dem US-Dollar trotz der Corona-Krise halten können, seine Bedeutung hat sich allerdings leicht verringert. Wie die EZB ihrem 20. Bericht über die internationale Rolle des Euro mitteilte, betrug der Anteil des Euro an der globalen Währungsnutzung 2020 weiterhin rund 19 Prozent, was nicht weit entfernt von dem 2016 verzeichneten Tiefpunkt war. In der Spitze hatte der Euro 2005 einen Anteil von 24 Prozent erreicht. Wechselkursbereinigt ging der Anteil 2020 um 0,3 Prozentpunkte zurück.
"Die Marktteilnehmer haben sich nicht vom Euro abgewendet, sie haben sich nur stärker dem Dollar zugewendet, was für Krisen typisch ist", sagte EZB-Direktor Fabio Panetta bei der Vorstellung des Berichts.
Euro-Anteil an Devisenreserven sinkt um 0,7 Prozentpunkte
Der Anteil des Euro an den internationalen Währungsreserven sank laut EZB wechselkursbereinigt um 0,7 Prozentpunkte. "Umfragen deuten darauf hin, dass sich offizielle Reservemanager Sorgen wegen der weltweit niedrigen oder negativen Zinssätze machen", heißt es in dem Bericht. Das vergleichsweise niedrige Zinsniveau im Euroraum könnte daher offizielle Reserveinvestoren davon abgehalten haben, ihr Engagement im Euro zu erhöhen.
Bei der Vorstellung des Berichts wies Panetta aber die Vorstellung zurück, dass die EZB-Geldpolitik einer stärkeren internationalen Nutzung des Euro im Wege stehe. "Ich glaube, dass die EZB-Politik der vergangenen zwölf Monaten stark zur Stabilität, zum Wachstumsausblick und zur Preisstabilität im Euroraum beigetragen hat", sagte er und fügte hinzu: "Selbst wenn diese Maßnahmen einige Investoren daran gehindert haben sollten, ihre Investitionen in auf Euro lautende Assets auszuweiten, sind sie doch geeignet, den Euro für die Finanzmärkte attraktiver zu machen.
Auf die Frage, ob eine stärkere internationale Rolle des Euro ein Politikziel der EZB sei, antwortete Panetta: "Das ist sie nicht."
Dollar-Anteil an Devisenreserven sinkt im Trend seit längerer Zeit
Die EZB-Daten zeigen, dass der Dollar-Anteil an den ausgewiesenen internationalen Devisenreserven im Trend seit 20 Jahren von einem hohen Niveau sinkt, während die Rolle des Euro seit etwa fünf Jahren auf niedrigem Niveau stabil ist. Zugleich gewinnen seit rund zehn Jahre andere Währungen an Bedeutung, sie haben mit dem Euro nahezu gleichgezogen.
Deutlicher negativ beeinflusst war die Nutzung des Euro bei der Emission von Fremdwährungsanleihen, wo sein Anteil um 2 Prozentpunkte sank. Die EZB führt das auf den hohen Finanzbedarf von Schwellenländern zurück, die für solche Transaktionen traditionell den Dollar nutzen. Eine Rolle habe auch die hohe Dollar-Präferenz von US-Rentenfonds gespielt. Der Anteil des Euro am Bestand dieser Anleihen ging aber nur um 0,2 Prozentpunkte zurück.
Der Euro-Anteil an den weltweiten Bankeinlagen sank um 3 Prozentpunkte, während der Anteil des Dollar deutlich zunahm. Als einen Grund nennt die EZB, dass Nicht-Bank-Finanzintermediäre zu Beginn der Pandemie illiquide Assets veräußert und die Erlöse bei Banken in Dollar angelegt hätten. Zugleich ging die Nachfrage nach Euro-Banknoten außerhalb des Euroraums aufgrund von Reisebeschränkungen zurück.
Weitgehend stabil war dagegen die Nutzung des Euro in internationalen Bankkrediten und als Rechnungswährung für Gütereinfuhren aus dem Euroraum. Einen Anstieg um 1 Prozentpunkt meldete die EZB für die Nutzung des Euro bei Fremdwährungskrediten in Ost- und Ostmitteleuropa. Zugleich war mehr als die Hälfte der weltweit begebenen "grünen Anleihen" in Euro denominiert.
Euro-Staaten wollen eine stärkere internationale Rolle des Euro
Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder hatten im März eine stärkere internationale Rolle des Euro befürwortet. Grund war der Wunsch nach mehr strategischer Autonomie in Wirtschafts- und Finanzfragen.
"Die relativ hohe Stabilität der globalen Attraktivität des Euro, die in diesem Bericht beschrieben wird, ist angesichts des Ausmaßes des Pandemie-Schocks bemerkenswert", urteilt die EZB. Dies stehe im Gegensatz zu früheren großen Krisen wie etwa der Euro-Staatsschuldenkrise, die mit einem deutlichen Rückgang der globalen Attraktivität des Euro einhergegangen seien.
Die EZB betrachtet die mögliche Schaffung eines digitalen Euro als einen Schritt, der die internationale Bedeutung der europäischen Einheitswährung erhöhen könnte. "Simulationen legen nahe, dass ein digitales Zentralbankgeld die Verwendung einer Währung im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr unterstützt, aber nicht unbedingt ein 'game changer' ist", schreibt die EZB. Wichtigste Faktoren für den internationalen Währungsstatus blieben die Stabilität der wirtschaftlichen Fundamentaldaten und die Größe.
EU-Anleihen Schritt in Richtung eines europäischen Safe Asset
Eine größere Rolle kann der Euro laut EZB künftig nur spielen, wenn es gelingt, die Wirtschafts- und Währungsunion zu vertiefen. Dazu brauche es Fortschritte bei der Schaffung einer Kapitalmarktunion und zugleich eine gesunde Wirtschaftspolitik. Die Umsetzung des EU-Wiederaufbauplans und die damit verbundenen gemeinsamen Anleiheemissionen würden das Angebot an in Euro denominierten Assets mit hoher Bonität deutlich erhöhen. "Das wäre ein weiterer Schritt zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen 'Safe Asset'", heißt es in dem Bericht.
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June 02, 2021 07:00 ET (11:00 GMT)
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