
DJ BDI kritisiert Country-by-Country-Reporting als harten Schlag für Wirtschaft
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat die von EU-Ministerrat und Europaparlament erzielte Einigung auf länderbezogene Steuerberichte von Unternehmen als "harten Schlag für den Wirtschaftsstandort Europa" zurückgewiesen. "Europäischen Unternehmen drohen nun erhebliche Wettbewerbsnachteile gegenüber Wettbewerbern aus Drittstaaten, ohne dass ein nennenswerter Vorteil entsteht", erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang.
Die länderspezifische Offenlegung betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Daten erlaube Rückschlüsse auf Kostenstrukturen, Preispolitik und Gewinnmargen. "Konkurrenten, die nicht von den Anforderungen eines öffentlichen Country-by-Country-Reportings betroffen sind, könnten diese Informationen zu ihrem eigenen Vorteil nutzen, ohne selbst zur Veröffentlichung vergleichbarer Daten verpflichtet zu sein." Deutsche Unternehmen seien gegenüber den Finanzverwaltungen der Staaten bereits seit Jahren vollständig transparent, betonte der Industrieverband.
Insbesondere die verpflichtende Offenlegung von Daten in Ländern, die seit zwei Jahren auf der "grauen Liste" der EU unter verschärfter Beobachtung ständen, schaffe erhebliche Rechtsunsicherheit. Die Ausnahme für sensible Daten innerhalb einer Aufschubfrist von fünf Jahren sei hilfreich. Allerdings dürfte diese Debatte aufgrund der vereinbarten Überprüfung der Parameter in vier Jahren innerhalb kürzester Zeit wieder neu losgehen, erwartete der BDI. "Das führt für die Unternehmen zu neuer Unsicherheit anstelle einer dringend notwendigen Rechts- und Planungssicherheit", warnte Lang.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte die Einigung zuvor hingegen als einen "Riesenschritt für mehr Steuergerechtigkeit" gelobt. "Die neuen Regeln schaffen mehr Transparenz und verhindern, dass internationale Konzerne sich aus der Steuerpflicht herausmogeln", erklärte er. Es müsse "endlich Schluss sein mit schmutzigen Steuertricks". Auch multinationale Konzerne müssten ihren fairen Beitrag zahlen. Auch die Grünen-Finanzexpertin Lisa Paus hatte die Einigung auf neue EU-Regeln zur Steuertransparenz für große Unternehmen als einen "Durchbruch für mehr Steuergerechtigkeit in Europa" gelobt. Es handele sich um eine "europäische Sternstunde".
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June 02, 2021 07:44 ET (11:44 GMT)
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