
DJ Weidmann: EZB muss Bestand klimaschädlicher Bonds notfalls begrenzen
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Zentralbanken des Eurosystems müssen nach Aussage von EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann ihre eigene Bilanz vor Klimarisiken schützen und dazu notfalls auch den Einsatz bestimmter Unternehmensanleihen zu geldpolitischen Zwecken einschränken. Weidmann sagte bei einer Konferenz der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) laut veröffentlichtem Redetext, dazu wären die Zentralbanken gezwungen, könnten Unternehmen die notwendigen klimarelevanten Informationen nicht schnell genug zur Verfügung stellen und die Ratingagenturen ihre Bewertungsverfahren nicht rasch genug anpassen.
"Wenn hier keine adäquate Lösung gefunden werden kann, müsste das Eurosystem alternative Maßnahmen ergreifen, um klimabezogene Finanzrisiken angemessen in sein Risikomanagement einzubeziehen, zum Beispiel durch Begrenzung der Laufzeiten oder des Anteils von Unternehmensanleihen bestimmter Sektoren und Emittenten im geldpolitischen Portfolio des Eurosystems", sagte Weidmann. Eine solche risikoorientierte Neigung sei nicht zu verwechseln mit Vorschlägen, das Verhalten von Unternehmen und Finanzinstituten aus politischen Gründen zu steuern.
Laut Weidmann hat das Eurosystem ein legitimes Interesse daran, klimabezogene Risiken transparenter zu machen. "Deshalb habe ich empfohlen, dass das Eurosystem in Zukunft nur noch Wertpapiere kaufen oder als Sicherheiten akzeptieren sollte, wenn deren Emittenten bestimmte klimabezogene Berichtspflichten erfüllen!", sagte er. Außerdem sollten die Zentralbanken nur noch Ratings verwenden, die klimabezogene Finanzrisiken angemessen und transparent widerspiegelten.
"Letztlich könnten diese beiden Maßnahmen die Zusammensetzung unserer geldpolitischen Portfolios verändern - immer unter der Prämisse, dass diese Anleihebestände für die Preisstabilität notwendig sind", so Weidmann. Allerdings könnten diese Maßnahmen nicht sofort eingeführt werden: Die Emittenten brauchten Zeit, um die notwendigen Informationen zu liefern, und erst wenn die Rating-Agenturen die relevanten Informationen hätten, können sie ihre Bewertungsverfahren anpassen.
"Darüber hinaus haben Rating-Agenturen möglicherweise mit dem mehrere Jahrzehnte umfassenden Zeithorizont klimabezogener Risiken zu kämpfen, die über ihre Standard-Zeithorizonte hinausgehen", gab der Bundesbank-Präsident zu bedenken.
Weidmann sprach sich erneut dagegen aus, die Geldpolitik direkt in den Dienst des Klimaschutzes zu stellen. Er sagte aber auch: "Allerdings können Klimawandel und Klimaschutzmaßnahmen die Inflation, die Produktion und die Zinssätze beeinflussen. Daher müssen die Zentralbanken die Implikationen für die Preisstabilität und die Geldpolitik verstehen und ihr analytisches Instrumentarium entsprechend erweitern."
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June 02, 2021 11:45 ET (15:45 GMT)
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