STRASSBURG/BRÜSSEL (dpa-AFX) - Das Europaparlament will an diesem Donnerstag das Verfahren für eine Untätigkeitsklage gegen die EU-Kommission einleiten. Mit dem Schritt soll die Brüsseler Behörde dazu gebracht werden, eine neue Regelung zur Ahndung von Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit in EU-Staaten unverzüglich anzuwenden. Diese sieht vor, dass EU-Ländern Mittel aus dem Gemeinschaftshaushalt gekürzt werden können, wenn wegen Rechtsstaatsverstößen ein Missbrauch der Gelder droht.
Brisant ist das geplante Verfahren vor allem deswegen, weil die EU-Kommission nach einer Einigung der Staats- und Regierungschefs eigentlich erst dann tätig werden soll, wenn der Europäische Gerichtshof über eine Klage von Ungarn und Polen gegen die neue Regelung entschieden hat. Mit diesem Zugeständnis waren die Regierungen in Budapest und Warschau im vergangenen Jahr dazu gebracht worden, ihre Blockade von wichtigen EU-Haushaltsentscheidungen aufzugeben.
Konkret soll nun Parlamentspräsident David Sassoli die Kommission auf der Grundlage von Artikel 265 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auffordern, den neuen Mechanismus sofort zu nutzen. Sollte die Behörde dann innerhalb von zwei Monaten nicht zufriedenstellend reagieren, könnte offiziell Klage vor dem Europäischen Gerichtshof erhoben werden. Dieser müsste dann entscheiden, ob die Kommission handeln muss oder ob sie sich an den Beschluss der Staats- und Regierungschefs halten kann.
Dass der Entschließungsantrag für das Untätigkeitsverfahren an diesem Donnerstag mit breiter Mehrheit angenommen wird, gilt als sicher. Grund ist, dass er von Vertretern der EVP, der Sozialdemokraten, der Liberalen, Grünen und Linken ausgehandelt wurde./aha/DP/zb