DJ IMK: Wirtschaft kommt mit Schwung aus der Corona-Krise
Von Andreas Kißler
DÜSSELDORF/BERLIN (Dow Jones)--Das IMK hat seine Prognose für das Wachstum des deutschen Bruttoinlandsproduktes (BIP) in diesem Jahr auf 4,5 Prozent von bisher erwarteten 4,9 Prozent gesenkt. Für 2022 hob das Düsseldorfer Institut seine Prognose auf 4,9 Prozent von 4,2 Prozent an. "Im Gegensatz zu vielen anderen Instituten haben wir unsere Prognose im Frühjahr nicht zurückgenommen, weil wir von einer starken Erholung mit fortschreitenden Impfzahlen überzeugt waren", erklärte der wissenschaftliche Direktor des IMK, Sebastian Dullien. Allerdings seien die coronabedingten Einschränkungen länger nötig gewesen als gehofft.
"Der Aufschwung hat sich daher zeitlich etwas verschoben, und daran passen wir unsere Prognose an." Das Gesamtbild bleibe aber unverändert positiv. "Die deutsche Wirtschaft kommt mit Schwung aus der Corona-Krise", erklärte das IMK. Die gegenwärtigen Engpässe bei einigen Rohstoffen und Vorprodukten wie Halbleitern bremsten, aber man rechne damit, "dass die Probleme im Jahresverlauf geringer werden". Parallel zu steigenden Impfraten, den Lockerungen der Corona-Beschränkungen und hoher Nachfrage aus dem Ausland erhole sich die deutsche Wirtschaft kräftig.
Treibende Kräfte des Wachstums seien in diesem Jahr sowohl der sehr dynamische Außenhandel als auch der wieder zunehmende private Konsum, der 2022 zum dominierenden Wachstumsfaktor werde. Die Investitionen lieferten in beiden Jahren ebenfalls spürbar positive Impulse. Das IMK rechnet mit einem Wachstum der Exporte um 10,9 Prozent im Jahr 2021 und um 7,4 Prozent im nächsten Jahr. Die Importe legen laut der Prognose 2021 um 9,9 Prozent und 2022 um 8,6 Prozent zu.
Nach einem tiefen Einbruch 2020 nehmen die privaten Konsumausgaben 2021 um 2,0 Prozent zu. Für das kommende Jahr prognostiziert das IMK bei weiter sinkender Sparquote ein noch stärkeres Wachstum der privaten Konsumausgaben um 7,0 Prozent. Die Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen erholen sich laut der Prognose ebenfalls vom Corona-Schock. Das liege vor allem an der guten Kapazitätsauslastung der Industrie. 2021 nehmen die Ausrüstungsinvestitionen nach den Berechnungen des IMK daher um 9,7 Prozent und 2022 um 6,6 Prozent zu.
Arbeitslosigkeit geht zurück
Die Zahl der Arbeitslosen sinkt laut der Prognose in diesem Jahr um knapp 40.000 Personen auf 2,66 Millionen Menschen im Jahresmittel und die Arbeitslosenquote geringfügig auf 5,8 Prozent. 2022 gehe die Arbeitslosigkeit dann deutlicher auf gut 2,43 Millionen zurück, die Quote werde im Jahresdurchschnitt bei 5,3 Prozent liegen.
Die Inflation steige in diesem Jahr erstmals seit längerem zwar über das Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von knapp 2 Prozent auf 2,5 Prozent im Jahresmittel. Da dafür neben dem Wirtschaftsaufschwung aber auch temporäre Sonderfaktoren wie die Rückkehr zum alten Mehrwertsteuersatz eine Rolle spielten, werde die Teuerungsrate im kommenden Jahr wieder auf 1,7 Prozent zurückgehen.
Da der Staat zur Krisenbekämpfung weiterhin sehr viel Geld einsetze, Anfang 2021 der Solidaritätszuschlag für die meisten Steuerzahler abgeschafft und einige andere Steuern sowie die EEG-Umlage gesenkt worden seien und sich die Einnahmen generell erst langsam erholten, ergebe sich 2021 ein Budgetdefizit von 4,3 Prozent des BIP. Im kommenden Jahr werde sich die erwartete konjunkturelle Belebung dann stärker positiv auf die öffentlichen Haushalte auswirken, und zudem wirke die Fiskalpolitik weniger expansiv, sodass das Defizit auf 1,4 Prozent zurückgehe.
Das IMK riet, die aktivere Fiskalpolitik beizubehalten. Denn erstens erlaube nur ein länger anhaltender, europaweiter Aufschwung der EZB, ihre expansive Geldpolitik mit Nullzinsen und Ankaufprogrammen mittelfristig zurückzunehmen, und zweitens bestehe in Deutschland weiterhin ein großer Bedarf, den in vielen Jahren entstandenen öffentlichen Investitionsstau aufzulösen. Der staatliche Schuldenstand sei im Zuge der Antikrisenpolitik zwar deutlich gestiegen, "aber unbestritten tragfähig", betonte das Institut.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/kla
(END) Dow Jones Newswires
June 23, 2021 03:30 ET (07:30 GMT)
Copyright (c) 2021 Dow Jones & Company, Inc.