DJ Lagarde: Das sind die fünf wichtigsten EZB-Strategieänderungen
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--EZB-Präsidentin Christine Lagarde betrachtet die folgenden fünf Punkte als die wichtigsten der neuen geldpolitischen Strategie der Europäischen Zentralbank (EZB):
1. Inflationsziel
Die EZB strebt nicht mehr eine Inflation von unter, aber nahe 2 Prozent an, sondern glatt 2 Prozent. Damit macht sie laut Lagarde klar, dass 2 Prozent keine Obergrenze sind. Es gebe nun eine bessere Balance zwischen zwei Zielen: Einerseits genug geldpolitischen Spielraum zu haben, um Disinflation zu widerstehen und sie zu bekämpfen und andererseits, die hohen Wohlfahrtskosten einer zu hohen Inflation zu vermeiden.
2. Symmetrie
Das Bekenntnis zu einem symmetrischen Inflationsziel - Abweichungen in beide Richtungen sind unerwünscht - gibt es schon seit Juli 2019. Es wurde aber, wie Lagarde sagte, nicht richtig wahrgenommen. "Wir haben es nun ins Zentrum unseres Statements gestellt", sagte Lagarde. Es gebe da keine Mehrdeutigkeit mehr. Die Nähe zur effektiven Zinsuntergrenze erfordert laut der neuen Strategie "kraftvolle oder anhaltende" geldpolitische Maßnahmen. Andernfalls besteht das Risiko, dass sich die Inflationserwartungen auf einem zu niedrigen Niveau verfestigen. "Das ist sehr schlecht für Preisstabilität und für unseren Handlungsspielraum", sagte Lagarde.
3. Kosten selbst genutzten Wohneigentum
Diese sollen nach dem Willen der EZB bei der Inflationsmessung besser berücksichtigt werden. Bis sie in den Harmonisierten Verbraucherpreisindex integriert sind, will die EZB andere Indizes verwenden, die diese Kosten widerspiegeln.
4. Klimamaßnahmen Teil der geldpolitischen Strategie
Sie sind laut Lagarde "zentral" für den geldpolitischen Handlungsrahmen und die geldpolitischen Operationen. Lagarde stellte in dieser Hinsicht "sehr innovative Modelle" der EZB in Aussicht.
5. Geldpolitische Analysesäulen
Anstand zweier geldpolitischer Analysesäulen - der ökonomischen und der monetären - gibt es nun eine ökonomische sowie eine monetäre und finanzielle Säule. Die EZB will diese beiden Säulen integrieren, weil es zwischen beiden viele Verbindungen und Wechselwirkungen gebe. Die monetäre Säule konzentriert sich Lagarde zufolge schon länger auf das Erkennen finanzieller Ungleichgewichte und die Übertragung des geldpolitischen Signals. Dagegen habe sich der Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation, auf den die monetäre ursprünglich gerichtet habe, gelockert.
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July 08, 2021 10:10 ET (14:10 GMT)
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