BERLIN (dpa-AFX) - Das Handwerk setzt auf eine Aufholjagd auf dem Ausbildungsmarkt. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: "Die Zielsetzung ist, dass wir bis Jahresende das gleiche Niveau haben wie vor der Corona-Pandemie 2019. Falls es eine weitergehende Beeinträchtigung durch Corona gibt, muss die Bundesregierung auch Ausbildungsprämien länger zahlen."
Im Juni war die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge gegenüber dem - allerdings coronabedingt schwachen Vorjahresmonat - deutlich gestiegen. "Wir setzen weiter alles daran, aufzuholen und noch mehr junge Menschen für eine berufliche Ausbildung zu gewinnen", sagte Wollseifer. "Es ist weiter viel Bewegung im Markt." Jugendliche könnten auch noch im September und Oktober mit einer Ausbildung starten." Arbeitgeber, Gewerkschaften und Bundesregierung hatten einen "Sommer der Berufsbildung" ausgerufen und werben dafür mit dem Motto: "AusbildungSTARTEN."
Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) sagte weiter: "Im Corona-Jahr hatten wir völlig unvermittelt die enorme Herausforderung, die Betriebe mit den jungen Menschen zusammenzuführen, weil Ausbildungsmessen, Betriebsbesuche oder Praktika nicht möglich waren." Das sei ein ganz entscheidender Grund dafür, dass weniger junge Menschen den Weg in eine handwerkliche Ausbildung gefunden hätten. "Wobei das Minus im Handwerk durch die immensen Anstrengungen der gesamten Organisationen des Handwerks und der Betriebe sogar noch deutlich geringer als in der Gesamtwirtschaft ausgefallen ist."
Generell müsse die berufliche Bildung stärker unterstützt werden. Sonst gebe es in den nächsten drei bis vier Jahren eine deutliche Fachkräftelücke, sagte Wollseifer. "Bei allen programmatischen Ankündigungen der Parteien in diesen Wochen wird die Bedeutung der Forcierung und Förderung der beruflichen Ausbildung viel zu wenig mit bedacht. Mehr Klimaschutz, mehr Energieeffizienz, mehr E-Mobilität, SmartHome, E-Health: Das alles wird es nur mit mehr Handwerkerinnen und mehr Handwerkern geben."
Deshalb müssten die Parteien aus Sicht des ZDH viel vermehrt auf den Schirm nehmen, dass sie im Bereich der beruflichen Bildung - auch finanziell - stärker einsteigen müssten, wenn die von ihnen in Aussicht gestellten Vorhaben und Pläne gelingen sollen.
"Es kann nicht sein, dass die Bildungszentren im Vergleich zu anderen Bildungseinrichtungen immer noch eher stiefmütterlich behandelt werden", sagte Wollseifer. "Da muss von Bund und Ländern mehr in die Zukunft unserer jungen Leute investiert werden." Auch müsse die Meisterprüfung in Gänze kostenfrei gestellt werden. "Es ist doch paradox, dass man bis zum Ende des Studiums kostenfrei studieren kann - aber dass in der beruflichen Bildung diejenigen, die sich fortbilden wollen, dafür richtig bezahlen müssen. Das ist nicht fair. Und das muss sich ändern."/hoe/DP/jha