DJ MARKT-AUSBLICK/Die Hausse nährt die Hausse - DAX über 16.000 Punkte
Von Manuel Priego Thimmel
FRANKFURT (Dow Jones)--Die jüngste Serie von Rekordständen an den Börsen hat viele Anleger auf dem falschen Fuß erwischt. Im DAX ist die psychologische Marke von 16.000 Punkten gefallen. Und damit dürfte das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht worden sein. Die Inflationsgefahren werden derweil an den Märkten weiter ignoriert. Die US-Notenbank wird allerdings nicht mehr lange damit warten können, bis sie die Geldpolitik strafft. Das dürfte eine kleinere Korrektur an den Börsen auslösen, mehr aber auch nicht.
Wie QC Partners anmerkt, hat sich die Stimmung auf dem Parkett deutlich verbessert. "Wir sehen wieder Neu-Einstiege und Aufstockungen von Positionen. Von Gier sind wir sicherlich noch weit entfernt. Aber der Optimismus ist deutlich ausgeprägt", heißt es. Für einige, die an der Seitenlinie auf fallende Kurse gewartet hätten, sei der Druck einfach zu groß geworden. Jetzt müssten sie in den Markt. Andere sähen die neuen Hochs als Ausbruch nach oben und stockten ihre Bestände auf.
DAX-KGV ist zuletzt gefallen
Die Hausse nährt also die Hausse. Aber es gibt auch fundamentale Gründe: Da wäre vor allem die langsam zu Ende gehende starke Berichtssaison für das zweite Quartal. Angetrieben von den starken Gewinnsaisons für das erste und zweite Quartal wurden laut der Commerzbank die DAX-Gewinnerwartungen für das Geschäftsjahr 2021 seit Jahresbeginn um 25 Prozent von 878 auf 1.100 Indexpunkte nach oben angepasst. Folglich sei das DAX-KGV für 2021 seit Januar von 15,6 auf 14,4 gefallen, da der DAX "nur" um 15 Prozent zugelegt hat. Der DAX ist also optisch billiger geworden.
Zugleich blenden die Börsen Daten aus, die ihnen nicht in den Kram passen, allen voran die enormen Inflationsrisiken. Ein leicht steigende Inflation ist prinzipiell günstig für Aktien. Nicht aber US-Erzeugerpreise, die im Juli um 7,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen sind und US-Verbraucherpreise von plus 5,4 Prozent. Die Anleger glauben aber nur zu gerne die gebetsmühlenartig vorgebrachte These der Notenbank, dass es sich bei dem Preisdruck um ein temporäres Phänomen handelt. Allerdings mehren sich die skeptischen Stimmen auch in den eigenen Reihen.
Zentralbanker-Treffen Ende August in Jackson Hole
Es scheint klar, dass die US-Notenbank nicht mehr lange warten wird, bis sie die Geldpolitik verschärft. Konkret geht es um eine Reduzierung der Wertpapierkäufe, eine Zinserhöhung ist noch lange nicht in Sicht. Das Zentralbanker-Treffen in Jackson Hole Ende August scheint dafür ein geeignetes Forum für eine Ankündigung zu sein. Powell dürfte sehr vorsichtig agieren, denn er wird sehr darauf bedacht sein, ein "Taper Tantrum" wie 2013 zu vermeiden. Damals löste die Ankündigung einer Reduzierung der Wertpapierkäufe Erschütterungen an den Märkten aus.
Genau aus diesem Grund bereitet die US-Notenbank die Anleger seit Wochen auf ein Anziehen der geldpolitischen Zügel vor. Die Fed bewege sich sichtbar auf den Ausstieg aus der expansiven Politik zu, schreibt die Commerzbank. "Dies hat zuletzt auch der eher dem Taubenlager zuzurechnende Präsident der Fed von Chicago, Charles Evans, bestätigt. Dieser erwartet einen andauernd hohen Jobzuwachs und gab sich daher offen für eine Reduzierung der Anleiheläufe später in diesem Jahr."
Eine Alternative zu TINA ist nicht in Sicht
Ganz ohne Marktverstimmungen wird es aber auch dieses Mal nicht ablaufen. Mehr als eine Korrektur wird es aber wohl nicht werden. Denn weiter regiert das Prinzip TINA an den Börsen - There Is No Alternative. Das ist 2021 noch wahrer, als dies 2013 bereits der Fall war. Für einen Crash an den Börsen bedarf es anderer Kaliber. Ein möglicher Auslöser wäre etwa das Auftauchen einer Covid-19-Variante, die sich als resistent gegenüber den bislang entwickelten Impfstoffen erweist.
Auch eine Wachstumsverlangsamung in China könnte die Kurse korrigieren lassen. Die Commerzbank erwartet den DAX bis Jahresende in einem Seitwärtstrend zwischen 14.000 und 16.000 Punkten. Insbesondere das zuletzt weltweit wieder rückläufige Geldmengenwachstum bereitet den Aktienstrategen Bauchschmerzen. So sei in China das Wachstum der Geldmenge M1 von 15 Prozent auf niedrige 5 Prozent gefallen. "Den Rückgang von 6 Prozent beim Autoabsatz in China im Juli werten wir als Indiz, dass die Konjunktur in China nachlässt", heißt es.
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August 13, 2021 06:46 ET (10:46 GMT)
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