DJ ZVEI: Nächste Regierung muss KI als Chance begreifen
Von Andreas Kißler
FRANKFURT/BERLIN (Dow Jones)--Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) hat die kommende Bundesregierung dazu aufgefordert, Datenökonomie und Künstliche Intelligenz (KI) "nicht als Schreckgespenst zu begreifen, sondern als große Chance für Deutschland". ZVEI-Präsident Gunther Kegel mahnte bei einer Online-Pressekonferenz, "Tempo zu machen" bei der Regierungsbildung. "Die Aufgaben sind zu dringlich, als dass wir drei Monate verschwenden könnten, um eine neue Regierung zu bilden." Deutschland müsse wieder schnell handlungsfähig werden.
Bei der KI forderte Kegel "einen Paradigmenwechsel in der Politik, damit wir Daten nicht nur erheben, sondern auch sinnstiftend nutzen können". KI-basierte Lösungen und Algorithmen seien schon längst Teil des Alltags. Mehr denn je gelte es jetzt, "ihre Chancen zu nutzen und nicht vor möglichen Risiken zu erstarren". Dazu müssten regulative und bürokratische Hürden abgebaut werden. So müsse bei der Regulierung dringend zwischen industriellen und konsumentennahen Anwendungen unterschieden werden. Über 80 Prozent der Daten, die von Unternehmen der deutschen Elektroindustrie erfasst würden, seien laut ZVEI-Digitalumfrage nicht personenbezogen.
Die neue Bundesregierung müsse einen pragmatischen Weg finden, wie sich auch personenbezogene Daten rechtssicher im Rahmen der Datenschutz-Grundverordnung nutzen ließen - "etwa durch klar definierte Anonymisierungsverfahren", forderte er. Regulierung dürfe Innovation nicht behindern. Nötig sei auch eine deutlich aktivere Standortpolitik und eine Förderung für Halbleiterbranche. Technologische Innovationen, KI und datengetriebene Geschäftsmodelle seien die Schrittmacher einer erfolgreichen digitalen Wirtschaft und Gesellschaft.
Nur 8 Prozent der weltweiten Produktionskapazitäten für Halbleiter lägen derzeit in Europa, in Deutschland nur 3 Prozent. Gleichzeitig werde der Bedarf an Halbleitern in den kommenden Jahren massiv steigen. "Deshalb reicht es nicht aus, nur Löcher zu stopfen", mahnte Kegel. Man brauche eine Förderung beim Produktionsausbau in Bereichen, in denen Europa stark sei, aber auch Investitionen in Bereichen, in denen Europa aufholen müsse. "Wenn andere Regionen klotzen, dürfen wir nicht kleckern", mahnte er. Das zweite IPCEI-Vorhaben von europäischem Interesse für Mikroelektronik müsse schnell Fahrt aufnehmen und "durch eine deutlich aktivere Standortpolitik flankiert" werden.
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October 04, 2021 06:56 ET (10:56 GMT)
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