DJ Bundesbank/Wuermeling: Banken unterschätzen BigTechs als Konkurrenten
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Banken in Deutschland nehmen nach Aussage von Bundesbank-Vorstandsmitglied Joachim Wuermeling große Technologieunternehmen (BigTechs) als Konkurrenten nicht ernst genug. "Es gilt, die Konkurrenz der Zukunft zu analysieren - und dabei eben nicht an den Grenzen der eigenen Branche halt zu machen", sagte Wuermeling laut veröffentlichtem Text bei einer Konferenz in Frankfurt.
Laut Wuermeling haben Technologieunternehmen in einigen Bereichen deutliche Vorteile gegenüber den etablierten Banken. "Sie verfügen über einen umfangreichen Kundenstamm, viele Daten sowie die Fähigkeit, Daten durch Cross-Selling zu Geld zu machen", sagte er. Durch die Nutzerdaten aus dem bestehenden Geschäft, besonders aus E-Commerce und sozialen Medien, hätten BigTechs bei neuen Produkten eine schnelle Skalierbarkeit. Und je mehr sie skalierten, desto mehr Daten sammelten sie, und desto schneller könnten sie dann in wiederum neuen Bereichen skalieren - bekannt als Data-Network-Activities-Loop (DNA-Loop).
BigTechs betriebswirtschaftlich klar im Vorteil
Wuermeling wies darauf hin, dass BigTechs ihre bestehende Technologie leicht für Finanzdienstleistungen anpassen könnten. Auch könne es sein, dass BigTechs Finanzdienstleistungen gar nicht als eigenes Geschäftsmodell sähen. "Das Finanzdienstleistungsgeschäft dient dann nur dazu, Kunden zu binden und Daten zu generieren. Sie wollen und brauchen gar keine Erträge zu erwirtschaften und sind damit Banken gegenüber betriebswirtschaftlich klar im Vorteil", so Wuermeling.
Nach Aussage des Bundesbank-Vorstandsmitglieds profitieren BigTechs zudem davon, dass sie offene Bankkundendaten nutzen können, ohne ihre eigenen Kundendaten weitergeben zu müssen. "BigTechs stellen damit auch Regulierung und Aufsicht vor neue Herausforderungen, ohne hierauf heute näher eingehen zu können - ich nenne nur die Stichworte systemische Finanzrisiken, operative Belastbarkeit, Verbraucherschutz, Marktmacht und Datenverwaltung", sagte Wuermeling.
BigTechs greifen Banken im Retail-Geschäft an
BigTechs scheinen damit seiner Aussage nach eine ungleich größere Konkurrenz für die etablierten Institute darzustellen als FinTechs, da sie oftmals geschlossene digitale Ökosysteme betreiben und mit ihren häufig großen Marktanteilen entscheiden könnten, wer Partner in ihrem Ökosystem werden dürfe. Damit würden Banken in ihrer Kern-Dienstleistung im Retail-Geschäft angegriffen.
"Und dennoch, trotz all dieser Entwicklungen, sehen die Banken Tech-Unternehmen im Allgemeinen nicht als existenzielle Bedrohung an. Nach wie vor betrachten Banken andere Banken als ihre Hauptkonkurrenten", konstatierte Wuermeling. Sein Fazit: "Die Entscheidung darüber, wo das Privatkundengeschäft der Zukunft stattfindet, ist noch nicht getroffen - aber das Rennen ist eröffnet."
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October 05, 2021 08:08 ET (12:08 GMT)
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