DJ Georgieva: IWF erwartet für 2021 Wachstumsabschwächung
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Internationale Währungsfonds (IWF) dürfte seine Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft im laufenden Jahr senken. IWF-Chefin Kristalina Georgieva sagte bei ihrer Auftaktrede zu der bevorstehendne Jahrestagung von IWF und Weltbank laut veröffentlichtem Text: "Wie Sie in unserem aktualisierten Weltwirtschaftsausblick nächste Woche sehen werden, erwarten wir nun, dass sich das Wachstum in diesem Jahr leicht abschwächen wird. Die Risiken und Hindernisse für einen ausgewogenen globalen Aufschwung sind noch ausgeprägter geworden."
Im April hatte der IWF seine Prognose für den Anstieg des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 6,0 von zuvor 5,5 Prozent angehoben und die Vorhersage für 2022 auf 4,4 (zuvor: 4,2) Prozent erhöht. 2020 war die Weltwirtschaft wegen der Corona-Pandemie um über 3 Prozent geschrumpft. Den aktuellen Weltwirtschaftsausblick veröffentlicht der IWF am 12. Oktober.
Laut Georgieva wird die Erholung der Weltwirtschaft weiterhin von der Pandemie und ihre Auswirkungen behindert. "Wir sind nicht in der Lage, richtig voranzukommen - es ist, als ob wir mit Steinen in unseren Schuhen laufen", sagte sie. Die wichtigsten drei "Steine" sind nach ihrer Aussage: Divergenz, Inflation und Schulden. "Von all diesen Herausforderungen sind die Schwellen- und Entwicklungsländer stärker betroffen als die fortgeschrittenen Volkswirtschaften."
1. Divergenz
"Die Wirtschaftsleistung in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften wird voraussichtlich bis 2022 zu den Trends vor der Pandemie zurückkehren", sagte die IWF-Chefin. Aber die meisten Schwellen- und Entwicklungsländer würden viel mehr Jahre brauchen, um sich zu erholen. Das werde es noch schwerer machen, langfristige wirtschaftliche Schäden zu vermeiden.
2. Inflation
"Während wir erwarten, dass der Preisdruck in den meisten Ländern im Jahr 2022 nachlässt, wird der Preisdruck in einigen Schwellen- und Entwicklungsländern voraussichtlich anhalten", sagte Georgieva. Insgesamt blieben die Inflationsaussichten aber höchst unsicher. "Ein nachhaltigerer Anstieg der Inflationserwartungen könnte einen raschen Anstieg der Zinssätze und eine drastische Verschärfung der Finanzierungsbedingungen zur Folge haben", warnte sie.
3. Schulden
Der IWF schätzt, dass die weltweite Staatsverschuldung auf 100 Prozent der Wirtschaftsleistung gestiegen ist. Viele Entwicklungsländer hätten keinen fiskalischen Spielraum, es stünden ihnen harte Zeiten bevor, sagte Georgieva.
Die IWF-Chefin forderte die Länder zu folgenden Maßnahmen auf:
a) Die Kluft zwischen armen und reichen Ländern bei den Impfungen verringern
b) Obwohl die Zentralbanken im Allgemeinen über den vorübergehenden Inflationsdruck hinwegsehen und eine Straffung vermeiden, bis mehr Klarheit über die zugrundeliegende Preisdynamik besteht, sollten sie darauf vorbereitet sein, schnell zu handeln, wenn sich der Aufschwung schneller als erwartet verstärkt oder die Risiken steigender Inflationserwartungen spürbar würden, sagte Georgieva.
c) Schnellere Reformen zum Umbau der Volkswirtschaften im Hinblick auf Klimawandel, technologischen Wandel und die Beteiligung ärmerer Länder
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October 05, 2021 09:00 ET (13:00 GMT)
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