DJ EZB/Lane: Einmalige Lohnsteigerungen noch keine Spirale
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--EZB-Chefvolkswirt Philip Lane dämpft die Erwartung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) auf die sich in einigen Ländern abzeichnenden höheren Tarifabschlüsse mit einer Straffung ihrer Geldpolitik reagieren wird. "Die Beobachtung der Lohnentwicklung und die Unterscheidung zwischen vorübergehenden und anhaltenden Veränderungen des Lohnwachstums wird eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der zugrunde liegenden Inflation spielen", sagte Lane laut veröffentlichtem Text bei einer EZB-Forschungskonferenz.
Insbesondere bedeute eine einmalige Verschiebung des Lohnniveaus als Teil der Anpassung an einen vorübergehenden unerwarteten Anstieg des Preisniveaus keine Trendverschiebung des Verlaufs der zugrunde liegenden Inflation.
Die Zins-Guidance der EZB besagt, dass die Leitzinsen so lange auf ihrem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden, bis der EZB-Rat einen Anstieg der Inflation auf das Ziel von 2 Prozent deutlich vor dem Ende des Projektionszeitraums und dauerhaft für den Rest dieses Zeitraums erkennen kann.
Sie verlangt außerdem, dass die schon erreichten Fortschritte bei der unterliegenden Inflation so deutlich erkennbar sein müssen, dass eine mittelfristige Stabilisierung der Inflation bei 2 Prozent plausibel scheint. Auf diesen Punkt beziehen sich Lanes Äußerungen. Lane verwies darauf, dass der größte Teil des Harmonisierten Verbraucherpreisindex im Dienstleistungssektor gemessen werde. Dort seien die Löhne das wichtigste Element und hier wiederum die "persistente" Komponente der Lohnsteigerungen.
Der EZB-Chefvolkswirt machte zudem deutlich, dass steigende Energiepreise kein Grund für die EZB sind, ihre Geldpolitik zu straffen. Zwar erhöhten sie kurzfristig die Gesamtinflation, doch schwächten sie andererseits über negative Vermögenseffekte und die Terms of Trade die unterliegende Inflation.
Lane deutete zudem an, dass Anleihekäufe auch nach dem Ende des Pandemiekaufprogramms PEPP eine wichtige Quelle geldpolitischer Unterstützung bleiben werden. "Insbesondere die Komprimierung der Laufzeitprämien über den Entzug von Duration spielt eine quantitativ bedeutsame Rolle bei der Bestimmung der längerfristigen Renditen und gewährleistet, dass die Finanzierungsbedingungen ausreichend günstig sind, um mit der Erreichung unseres mittelfristigen Inflationsziels vereinbar zu sein", sagte er.
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October 11, 2021 08:36 ET (12:36 GMT)
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