KARLSRUHE (dpa-AFX) - Dürfen Länder im Sinne des Klimaschutzes die nachträgliche Wärmedämmung für Altbauten mit eigenen Vorschriften regeln? Das prüfte der Bundesgerichtshof (BGH) am Freitag anhand eines Nachbarschaftsstreits in Köln. Der war wegen einer geplanten Außendämmung eines Mehrfamilienhauses ausgebrochen, das direkt an der Grundstücksgrenze steht. Fraglich ist, ob der Nachbar den dadurch entstehenden leichten Überbau auf sein Grundstück dulden muss. Nach dem Landesrecht muss er dies. Strittig ist jedoch, ob das Land dies regeln durfte, da es dazu schon im Bürgerlichen Gesetzbuch eine Regelung gibt (Az. V ZR 115/20). Das Thema könnte angesichts von Klimaschutzauflagen bei Bauten zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Nach nordrhein-westfälischem Landesrecht muss der Nachbar den Überbau dulden, wenn eine vergleichbare Wärmedämmung anders nicht mit vertretbarem Aufwand machbar ist und die Überbauung sein Grundstück nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Alles Überragende unter 25 Zentimetern ist demnach in Ordnung. Vergleichbare Regelungen gibt es laut BGH in den Nachbargesetzen vieler Bundesländer, darunter in Baden-Württemberg, Hessen, Brandenburg, Niedersachsen und Berlin.
Die Revision vor dem BGH richtet sich gegen ein Urteil des Landgerichts Köln. Dieses war der Ansicht, dass der Nachbar die grenzüberschreitende Wärmedämmung nicht dulden muss. Die Duldungspflicht nach dem Landesgesetz sei verfassungswidrig und nichtig, weil es an der Gesetzgebungskompetenz des Landes fehle. Würde der BGH dem folgen, müsste er die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorlegen, sagte die Vorsitzende Richterin Christina Stresemann - und rügte zugleich das Landgericht, das dies unterlassen hatte.
Bei der mündlichen BGH-Verhandlung in Karlsruhe wurde aber auch deutlich, dass die nachträgliche Dämmung von Altbauten als ein "anderer Tatbestand" gesehen werden könnte, als die vom BGB geregelte versehentliche Überbauung des Nachbargrundstücks. In dem Fall wären eigene Landesvorschriften nicht zu beanstanden. "Es ist nicht so einfach", sagte Stresemann.
In einem Urteil aus dem Jahr 2017 hat derselbe BGH-Senat für neuere Gebäude festgestellt: Wer sein Haus direkt an die Grundstücksgrenze baut, sollte von vornherein ausreichend Platz für die Wärmedämmung einkalkulieren (Az. V ZR 196/16). Mit einem Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt gerechnet./skf/DP/jha