DJ DIHK senkt Wachstumsprognose 2021 auf 2,3 Prozent
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat seine Wachstumsprognose für 2021 auf 2,3 Prozent von 3,0 Prozent im Frühsommer gesenkt. "Das Aufholwachstum flacht ab. Für das kommende Jahr erwarten wir ein BIP-Wachstum von 3,6 Prozent", sagte DIHK- Hauptgeschäftsführer Marin Wansleben. Davon entfielen 1,6 Prozentpunkte auf statistische Effekte. "Das tatsächliche Wachstum beläuft sich im nächsten Jahr auf lediglich 2 Prozent."
Die Lage sei derzeit gut, "doch die Aussichten sind enttäuschend", erklärte die Kammerorganisation. Der DIHK sehe den Erholungsprozess erheblich geschwächt und rechne nicht mit einem nachhaltigen, investitionsgetriebenen Aufschwung. "Vor allem die Faktoren Energiepreise, Rohstoffengpässe und Fachkräftemangel sind die entscheidenden Risiken", so das Ergebnis der jüngsten Konjunkturumfrage des DIHK, an der sich rund 28.000 Unternehmen beteiligten.
"Die Unternehmen schätzen ihre aktuelle Geschäftslage zwar deutlich besser ein als noch im Frühsommer", erklärte Wansleben. Hier komme der Schwung des Sommers nach dem Lockdown zum Tragen. "Allerdings sind die Erwartungen an die kommenden zwölf Monate niedriger, als es für einen nachhaltigen Aufholprozess notwendig wäre." Es sei damit klar: "Vor Ende nächsten Jahres werden wir das Vorkrisenniveau kaum erreichen." Es werde "eine große Herausforderung, auf einen tragenden Wachstumspfad einzumünden". Der sei aber notwendig, um die Klimapolitik in Deutschland umzusetzen oder auch die demografische Belastung zu stemmen.
Bei den Erwartungen der Unternehmen schlagen in der Umfrage den Angaben zufolge quer durch alle Branchen und Regionen viele Geschäftsrisiken durch, die sich nicht schnell lösen lassen. Als besondere Hürden beschreiben die Betriebe demnach die hohen Energie- und Rohstoffpreise sowie strukturelle Herausforderungen wie den Fachkräftemangel oder den Klimaschutz. "Die Politik muss jetzt alles daran setzen, aus Deutschland wieder einen attraktiven Investitionsstandort zu machen", mahnte Wansleben.
Ihre derzeitige Geschäftslage beurteilen laut der Erhebung 43 Prozent der Unternehmen als gut und nur noch 14 Prozent als schlecht. Der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen springe damit von 2 Punkten in der Vorumfrage auf nunmehr 29 Punkte.
Die positive Lageeinschätzung werde von allen Wirtschaftsbereichen geteilt, falle aber unterschiedlich stark aus. Am deutlichsten aufgehellt sei die aktuelle Lagebewertung bei den Branchen, die am meisten und längsten mit Einschränkungen ihres Geschäftsbetriebes in der Corona-Pandemie zu kämpfen hatten: Im Handel kletterte der Lagesaldo von minus 3 auf 25 Punkte, bei den Dienstleistern von minus 11 auf 25 Punkte. Besonders gut sei die Stimmung mit einem Saldo von 51 nach zuvor 41 Punkten weiterhin im Baugewerbe, doch auch die Industrie meldete gegenüber dem Frühsommer Verbesserungen auf 35 Punkte nach zuvor 25 Zählern.
Jedoch deuteten die Zukunftserwartungen "nicht auf fulminanten Neustart" hin. Bei den Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate verbesserte sich zwar der Saldo aus "Besser"- und "Schlechter"-Bewertungen von 1 auf 10 Punkte. Angesichts des immensen Aufholbedarfes schätzte Wansleben die Erwartungen jedoch als verhalten ein. "Insgesamt macht sich nach einem kurzen Aufschwung schon jetzt Ernüchterung breit", konstatierte er. "Wir schwenken in einen flachen Wachstumspfad ein."
Das reiche nicht aus, um die vielfältigen und vielschichtigen Herausforderungen zur Überwindung der Krise und des Strukturwandels zu meistern. So rechne vor allem die Industrie im Vergleich zum Frühsommer kaum mit einer stärkeren Belebung. Hier betrug der Saldo 17 Zähler nach zuvor 16 Punkten. Den Angaben zufolge schlägt durch, dass trotz voller Orderbücher viele Unternehmen die Aufträge nicht abarbeiten könnten. Auch mache sich eine Stimmungseintrübung vor allem bei den energie- und rohstoffintensiven Vorleistungsgüterherstellern bemerkbar.
Bei den Geschäftsrisiken haben sich insgesamt die Gewichtungen verschoben: Zentrales Problem ist derzeit der Fachkräftemangel, den 59 Prozent nach zuvor 43 Prozent als Geschäftsrisiko einstufen, dicht gefolgt von den Energie- und Rohstoffpreisen mit 58 nach 42 Prozent. "Die Unternehmen möchten produzieren, können häufig aber nicht", stellte Wansleben fest.
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October 28, 2021 04:30 ET (08:30 GMT)
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