DJ EZB-Chefvolkswirt Lane betrachtet hohe Inflation als vorübergehend
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Philip Lane, teilt die häufig geäußerten Sorgen wegen der aktuell hohen Inflation nicht. In einem Interview mit El Pais sagte Lane, dass die Inflation 2022 zurückgehen werde und Zweitrundeneffekte am Arbeitsmarkt bisher nicht zu bemerken seien. Auch die jüngste "Volatilität" am Staatsanleihemarkt spielte Lane herunter.
"Diese Inflationsphase ist sehr ungewöhnlich und vorübergehend und kein Zeichen für einen dauerhaften Zustand - die Situation, in der wir uns jetzt befinden, unterscheidet sich sehr von der in den 1970er und 1980er Jahren", sagte Lane. Der EZB-Chefvolkswirt wies darauf hin, dass der weltweite Aufschwung schneller als erwartet verlaufe, weshalb es zu Engpässen kommen könne, weil das Angebot nicht Schritt halte. "Aber das wird im nächsten Jahr weitgehend behoben sein", prognostizierte er.
Die rasche Erholung hat nach seiner Aussage auch die Energienachfrage stärker als erwartet steigen lassen. "Diese Situation kann länger andauern, als uns lieb ist, aber diese Probleme werden die Dynamik des Aufschwungs nicht zunichtemachen", sagte er.
Angesprochen auf relativ hohe Lohnabschlüsse in Deutschland, wies Lane darauf hin, dass die Lohnerhöhungen im Euroraum-Durchschnitt in den vergangenen Jahrzehnten nicht hoch genug gewesen seien, um eine Inflation von 2 Prozent zu erzeugen. "Es ist wichtig, dass bei den Lohnverhandlungen die gestiegenen Lebenshaltungskosten berücksichtigt werden, aber auch ein unhaltbarer Anstieg der Arbeitskosten vermieden wird", sagte er.
Die EZB werden darauf achten, ob es diesbezüglich zu nicht nachhaltigen Entwicklungen komme, sehe diese derzeit aber nicht. "Es handelt sich eher um einen Risikofaktor, den wir im Auge behalten müssen."
Lane zufolge hat sich die EZB um den Anstieg der Staatsanleiherenditen nach der jüngsten EZB-Ratssitzung ebenso wenig gekümmert wie um den anschließenden Rückgang. "Die Finanzierungsbedingungen sind uns sehr wichtig, aber wir beurteilen sie über einen längeren Zeitraum", sagte er. Die Volatilität in den vergangenen ein oder zwei Wochen sei kein entscheidender Faktor.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/sha
(END) Dow Jones Newswires
November 08, 2021 04:30 ET (09:30 GMT)
Copyright (c) 2021 Dow Jones & Company, Inc.