DJ Weidmann: Digitaler Euro könnte Bargeld nicht ersetzen
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Bargeld hat nach Aussage von Bundesbankpräsident Jens Weidmann Eigenschaften, die digitales Geld nicht bieten könnte. Weidmann sagte zur Eröffnung des Bargeldsymposiums der Bundesbank: "Zu Recht schätzen viele Menschen Bargeld sehr. Und kein anderes Zahlungsmittel wird alle seine Eigenschaften nachbilden können. Auch nicht der digitale Euro." Der Bundesbankpräsident schlug damit in Bezug auf den derzeit in der Prüfphase befindlichen digitalen Euro erneut etwas skeptischere Töne an als der im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) für dieses Projekt zuständige Fabio Panetta.
Während Panetta kürzlich auf die Möglichkeit hinwies, dass Verbraucher Bargeld eines Tages als Zahlungsmittel nur noch ungern benutzen könnten, betonte Weidmann die Vorteile dieses traditionellen Zahlungsmittels im täglichen Leben: "Dank der einfachen Handhabung ist Bargeld auch ein ganz wichtiges Zahlungsmittel für viele Menschen, die nicht so technikaffin sind, oder für jene, die in ihrer Sehkraft eingeschränkt sind", sagte er. Geschätzt 13 Millionen Erwachsene im Euroraum besäßen kein Bankkonto, weshalb sie im Wesentlichen auf Bargeld angewiesen seien.
Weitere Aktivposten des Bargelds sind Weidmann zufolge eine leichtere Ausgabenkontrolle und seine Anonymität. Anonymität werde mitunter "als ein Aspekt eines größeren Konzepts verstanden: der Privatsphäre".
Wie auch Panetta wies Weidmann darauf hin, dass Bargeld als Zahlungsmittel an Bedeutung verliere, während seine Nutzung als Wertaufbewahrungsmittel zunehme. 2020 wurden in Deutschland noch 60 (2017: 74) Prozent aller Zahlungen an der Ladenkasse, in der Freizeit und bei anderen Anlässen bar abgewickelt. Diesen Prozess habe die Corona-Pandemie beschleunigt, sagte Weidmann. Ob er sich fortgesetzt habe, werde gerade untersucht.
Laut Weidmann werden nur 5 Prozent der in Deutschland "netto" ausgegebenen Banknoten zum Bezahlen genutzt. "Ungefähr 40 Prozent aber dienen den Menschen in Deutschland zur Wertaufbewahrung." Der Rest sei ins Ausland abgeflossen. Laut Weidmann stieg die Bargeldnachfrage durch Corona kräftig, 2020 gab die Bundesbank Banknoten im Wert von netto 70 Milliarden Euro aus.
Die EZB will innerhalb der nächsten zwei Jahre prüfen, ob sie die Ausgabe eines digitalen Euro befürwortet, der auch von Konsumenten genutzt werden kann.
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November 10, 2021 03:12 ET (08:12 GMT)
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