DJ EZB: Euroraum-Produktivität steigt während Corona-Pandemie stärker
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Das Produktivitätswachstum des Euroraums hat sich nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) während der Corona-Pandemie deutlich verbessert. In ihrem aktuellen Wirtschaftsbericht weist die EZB darauf hin, dass die Produktivität je geleisteter Arbeitsstunde zwischen dem vierten Quartal 2019 und dem ersten Quartal 2021 um 1,7 Prozent gestiegen ist. Das war doppelt so viel wie im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2019.
Die Autoren weisen darauf hin, dass die Beschäftigung im gleichen Zeitraum um nur 1,6 Prozent zurückging, was sie vor allem auf die verschiedenen Programme zur Erhaltung von Arbeitsplätzen in den Euroraum-Ländern zurückführen. Ab dem ersten Quartal 2021 kehrte sich die Entwicklung demnach um: Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden und die Beschäftigung nahmen wieder stark zu, wodurch sich das Produktivitätswachstum verlangsamte. "Dennoch ist die Produktivität jetzt um mehr als 2 Prozent höher als das Niveau vor der Pandemie", schreiben die Autoren der Studie.
Ob die Pandemie auch zu einem langfristig höheren Produktivitätswachstum führen wird, ist ihrer Meinung jedoch nicht sicher. "Künftig wird das Produktivitätswachstum stark davon abhängen, ob sich die Digitalisierung verfestigt und wie der Ausstieg aus den staatlichen Unterstützungsmaßnahmen verläuft", schreiben sie.
Das Produktivitätswachstum im Euroraum ist seit Jahrzehnten gedämpft. Als Ursachen nennen die Autoren eines anderen Aufsatzes den seit der Finanzkrise schwachen Kapitaleinsatz bei gleichzeitigen Beschäftigungswachstum. Zugleich wachse die totale Faktorproduktivität (TFP) innerhalb der Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes schon seit langem langsamer. Ausgeglichen wird das laut dem Aufsatz teilweise von einem höheren Produktivitätswachstum im Dienstleistungssektor, wo es allerdings weitgehend auf die Marktführer beschränkt bleibe. Die TFP ist jene Produktivität, die sich nicht direkt auf den Einsatz von Personal oder Kapital zurückführen lässt.
Die Geldpolitik der EZB spielt beim geringeren Produktivitätswachstum laut diesen Aufsätzen eine nur geringe - aber positive - Rolle. Die Autoren weisen darauf hin, dass die lockere Geldpolitik überproportional gesunden Unternehmen nütze, nicht schwachen.
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November 10, 2021 04:00 ET (09:00 GMT)
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