DJ EZB: Banken erheben mehr Gebühren und geben Negativzins weiter
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Großbanken des Euroraums sind nach Aussage der Europäischen Zentralbank (EZB) bisher gut durch die Corona-Krise gekommen. In ihrem aktuellen Supervision Newsletter weist die EZB darauf hin, dass die Institute 2021 nicht nur von einer geringeren Risikovorsorge profitierten, sondern auch von steigenden Gebühreneinnahmen und einer zunehmenden Weitergabe des negativen Einlagenzinses an ihre Kunden. Die EZB warnte die Banken jedoch davor, ihre Vorsichtsmaßnahmen zu sehr zurückzunehmen, und dass es durchaus noch zu Kreditverlusten durch Corona kommen könne.
Laut EZB sieht im Bankensektor auf den ersten Blick vieles ähnlich aus wie vor der Krise: Die Eigenkapitalrendite liegt bei über 6 Prozent, und die Kosten und Verlustrückstellungen befinden sind auf einem ähnlichen Niveau wie vor der Pandemie. "Dies spiegelt jedoch die Auswirkungen des laufenden Wandels in der Branche und die verzögerten Auswirkungen der Pandemie nicht richtig wider", merkt die EZB an und macht auf folgende Faktoren aufmerksam:
1. Es ist den Banken im Allgemeinen gelungen, ihre Gebühren zu erhöhen und so Wege zu finden, den anhaltenden Druck auf die Kreditmargen auszugleichen und ihr Geschäft weniger abhängig von den Zinserträgen zu machen. Mit einem Anteil von fast 60 Prozent an den Gesamteinnahmen ist dies jedoch nach wie vor die wichtigste Einnahmequelle.
2. Das Investmentbanking ist seit Ausbruch der Pandemie eine wichtige Triebfeder für höhere zinsunabhängige Erträge. Bei Schuldtitel und Konsortialkrediten konnten die Euroraum-Banken ihren Weltmarktanteil ausbauen. Sie haben ihre Gesamteinnahmen gesteigert und gleichzeitig die Kosten stabil gehalten, was zu einem verbesserten Verhältnis zwischen Kosten und Erträgen führte, das im zweiten Quartal 2021 bei 65,4 Prozent lag, während es vor der Pandemie 66,5 Prozent betragen hatte.
3. Die Banken geben zunehmend Negativzinsen an ihre Einleger weiter, um ihre Margen im Niedrigzinsumfeld zu schützen - dies betrifft inzwischen mehr als 35 Prozent der Unternehmenseinlagen und mehr als 5 Prozent der Privatkundeneinlagen.
4. Die Kunden sind offener für digitale Dienstleistungen, und die Banken haben dies zu ihrem Vorteil genutzt, indem sie ihre digitale Transformation auf Kosten der physischen Filialnetze beschleunigt haben. Diese Veränderungen können den Banken helfen, die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftsmodelle zu sichern.
Gleichwohl warnt die EZB, dass der volle Einfluss der Pandemie auf die Bankbilanzen noch unklar sei. Manche Banken hätten ihre Risikorückstellungen bereits reduziert, obwohl in vielen Fällen die Kapitalausstattung und Gewinne der Kreditnehmer in der Pandemie gesunken seien und sie ihre Liquidität staatlichen Hilfen verdankten. Die Banken müssten ihre Kreditrisiken genau beobachten.
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November 16, 2021 06:12 ET (11:12 GMT)
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