DJ Merkel sieht Deutschland in einer dramatischen Corona-Lage
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich äußert besorgt gezeigt über die aktuelle Corona-Infektionslage in Deutschland. Bei dem Bund-Länder-Treffen mit den Ministerpräsidenten am morgigen Donnerstag werde sie für verbindliche schärfere Regeln werben, die ab einer bestimmten Hospitalisierungsquote automatisch greifen sollen. Dabei sollten parteipolitische Argumentationen oder die Frage nach der Zuständigkeit der aktuellen geschäftsführenden Regierung oder der kommenden Koalition hintanstehen. Dem Virus sei das "vollkommen egal".
"Einziges Kriterium unserer Beratungen - und zwar gerade morgen auch bei der Ministerpräsidentenkonferenz - hat deshalb zu sein, was jetzt mitten in der vierten Welle gegen das aktuelle dramatische Infektionsgeschehen in Deutschland zu tun ist und was nicht", sagte Merkel in einer Rede auf der Hauptversammlung des Deutschen Städtetags.
Aus ihrer Sicht seien drei Punkte "überaus dringend", so Merkel.
So müssten sich erstens Bund und Länder beim sogenannten Hospitalisierungsindex, der den Ernst der Lage in den Krankenhäusern anzeigt, auf einen Schwellenwert verständigen, ab dem jeweils entsprechend der regionalen Infektionslage verbindlich über die bisher geltenden Maßnahmen hinaus zusätzliche Schritte zur Eindämmung der Pandemie eingeleitet werden müssten.
"Ein Hospitalisierungsindex ohne Schwellenwert bliebe ein zahnloser Tiger", warnte Merkel. Aktuell gibt es diesen Schwellenwert nicht. Ohne diesen Schwellenwert bestünde die Gefahr, dass man zu spät handelt.
"Es wäre jedoch eine Katastrophe, erst dann zu handeln, wenn die Intensivstationen voll sind. Dann wäre es nämlich zu spät", betonte Merkel.
Zweitens müsse man dringend die Impfungen in Deutschland voranbringen. Es sei auch jetzt nicht zu spät für eine Erstimpfung. "Wenn sich genügend Menschen impfen lassen, ist das der Weg aus der Pandemie", so Merkel.
Drittens sei bei den Auffrischungsimpfungen eine "nationale Kraftanstrengung" nötig. Sie seien von größter Bedeutung, da nach wissenschaftlichen Erkenntnissen der Impfschutz nach spätestens sechs Monaten nachlasse. Israel habe Deutschland vorgemacht, wie man mit Booster-Impfungen die vierte Welle brechen könne.
Vor Deutschland lägen "sehr schwierigen Wochen", so Merkels Fazit. Sie sei in "tiefer Sorge" über die augenblickliche Lage in einigen Bundesländern.
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen erhöhte sich laut Robert Koch-Institut Stand Mittwoch auf 319,5 (Vorwoche: 232,1) und erreichte damit den zehnten Tag in Folge einen neuen Höchststand.
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November 17, 2021 05:59 ET (10:59 GMT)
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