DJ Schnabel: EZB muss auch auf Aufwärtsrisiken für Inflation achten
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) muss nach den Worten von EZB-Direktorin Isabel Schnabel auch auf Aufwärtsrisiken für die Inflation achten. Schnabel wies bei einer Veranstaltung von Goldman Sachs in Frankfurt darauf hin, dass sich bestimmte Faktoren derzeit anders entwickeln könnten, als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen sei. Beide hängen mit politischen Reaktionen auf den Klimawandel zusammen. "Es ist alles andere als klar, dass die Energiepreise so schnell wieder sinken werden, wie es die aktuellen Futures-Preise, auf denen unsere Projektionen beruhen, nahelegen", sagte Schnabel laut veröffentlichtem Redetext.
Die Ökonomin machte zum einen darauf aufmerksam, dass die Konjunkturerholung nach Corona durch eine untypisch langsame Reaktion der US-Schieferölproduktion auf steigende Ölpreise gekennzeichnet sei. "Da der grüne Wandel in vollem Gange ist, könnten sich solche Investitionen mittelfristig nicht mehr als rentabel erweisen, zumindest nicht in dem Maße wie in der Vergangenheit, so dass das Angebot begrenzt und die Preise hoch bleiben", gab sie zu bedenken.
Wenn die Menschheit es mit der Bekämpfung des Klimawandels ernst meine, müsse der grüne Wandel letztlich zu einem weiteren messbaren Anstieg des Kohlenstoffpreises führen, was wiederum höhere Brennstoff- und Strompreise nach sich ziehen würde. "Diese Auswirkungen können sich in den Erwartungen verankern, wenn die Menschen beginnen, sie zu antizipieren", so Schnabel.
Als weiteren inflationstreibenden Faktor führte die EZB-Direktorin die derzeit zu beobachtenden Engpässe an, die möglicherweise nicht nur die Wiederbelebung der Wirtschaft widerspiegelten, sondern auch strukturelle Kräfte, wie die säkulare Umstellung auf Elektrofahrzeuge. "Die Anpassung der Angebotskapazitäten an solche Nachfrageverschiebungen kann mehrere Jahre dauern", sagte Schnabel.
Bei einer derart erhöhten Unsicherheit müssten sich die geldpolitischen Entscheidungsträger auf die gesamte Bandbreite möglicher Szenarien konzentrieren, um sicherzustellen, dass sie in der Lage sind, ihren Auftrag zu erfüllen.
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November 17, 2021 09:50 ET (14:50 GMT)
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