DJ IMK: Rezessionsrisiko gestiegen, moderater Aufschwung hält aber an
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Das Rezessionsrisiko hat sich in Deutschland aufgrund der neuen Virusvariante Omikron und negativer Signale von den Finanzmärkten erhöht, so Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Das Institut erwartet aber, dass der moderate Aufschwung nach einer vorübergehenden Abkühlung intakt bleibt.
Der IMK-Konjunkturindikator für Deutschland für den Zeitraum von Dezember 2021 bis Ende Februar 2022 weist eine Rezessionswahrscheinlichkeit von 45,2 Prozent aus. Die Wahrscheinlichkeit stieg damit um gut 4 Prozentpunkte von dem November-Wert von 40,8 Prozent und ist fast genauso groß wie im Oktober (44,1 Prozent). Dennoch werde die Wirtschaft sich weiter erholen, erklärte das Institut.
"Trotz der hohen Unsicherheit spricht die aktuelle Datenlage noch für einen aufwärtsgerichteten Konjunkturverlauf", sagte IMK-Konjunkturexperte Peter Hohlfeld. "Es ist zwar jetzt klar, dass sich die Konjunktur über die Jahreswende vorübergehend abkühlen wird. Sofern sich aber die angedeutete Entspannung der Lieferengpässe verstetigt und sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie in Grenzen halten, wird die Produktion schon nach den Wintermonaten wieder deutlich an Fahrt aufnehmen", sagte Hohlfeld.
Da die im Konjunkturbarometer berechnete Rezessionswahrscheinlichkeit der 50 Prozent-Schwelle bleibt, deutet der Wert auf eine Fortsetzung des moderaten Aufschwungs hin.. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit für einen Wirtschaftsboom mit deutlich überdurchschnittlichem Zuwachs für die folgenden drei Monate gegenüber November nur leicht auf jetzt 24,5 Prozent gesunken, so das IMK. Die statistische Streuung im Indikator, ein Maß für die Unsicherheit von Wirtschaftsakteuren, beträgt nun 20,7 Prozent nach 17,2 Prozent im November.
Ausschlaggebend für die neue pessimistischere Prognose des Indikators waren vor allem die eingetrübten Erwartungen, wie sie etwa im Ifo-Index gemessen werden. Angesichts des starken Covid-19-Infektionsgeschehens, zusätzlich notwendiger Kontaktbeschränkungen und der aufkommenden neuen Virusvariante Omikron habe sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft weiter verschlechtert, erklärte das Institut.
Hinzu kämen demnach einige negative Signale von den Finanzmärkten: So sei die Zinsdifferenz (Spread) zwischen Unternehmens- und Staatsanleihen etwas gestiegen, was auf leicht ungünstigere Finanzierungsbedingungen für Firmen hindeute. Nur eine geringe Rolle für den Indikatorwert spielten dagegen die zuletzt gegenläufigen Trends bei den Auftragseingängen an die Industrie aus dem Ausland (rückläufig) und dem Inland (zunehmend).
"Vor dem grundsätzlich positiven Hintergrund des insgesamt hohen Auftragsbestandes wirken sich solche Schwankungen aktuell nur geringfügig aus - zumal leicht steigende Produktionskennziffern erste Indizien dafür liefern, dass sich einige Lieferprobleme bei Vorprodukten langsam entschärfen", erklärte das IMK.
Die Düsseldorfer Konjunkturforscher des IMK werden am 21. Dezember ihre neue Konjunkturprognose vorlegen.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/apo
(END) Dow Jones Newswires
December 14, 2021 04:37 ET (09:37 GMT)
Copyright (c) 2021 Dow Jones & Company, Inc.