DJ Weltbank-Vizechefin Reinhart erwartet Lohn-Preis-Spirale
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Vizechefin der Weltbank, Carmen Reinhart, wirft den Zentralbanken vor, zu zögerlich gegen die steigenden Preise vorzugehen. Dem Spiegel sagte Reinhart, Federal Reserve (Fed) und Europäische Zentralbank (EZB) unterschätzten die derzeitige Inflationsgefahr. "Die Zentralbanken haben es versäumt, rechtzeitig und angemessen auf die Inflation zu reagieren. Auch das ist eine der bitteren Parallelen zu den 70er Jahren", sagte Reinhart. Damals hätten die Zentralbanken viel zu wenig gegen die Inflation unternommen. Und das Wenige, was sie getan hätten, sei zu spät gekommen. "Die Geldpolitik ist immer den Kapitalmärkten hinterhergelaufen, statt aktiv zu reagieren", urteilte die Ökonomin.
Reinhart erwartet, dass sich die aktuell hohe Inflation zu einer Lohn-Preis-Spirale entwickeln wird. "Ich versichere Ihnen: Das wird kommen", sagte sei. Die Menschen hätten weniger Geld im Portemonnaie, und sie merkten es jetzt, bei den Wohnkosten, den Energiekosten, den Lebensmittelpreisen." "Wir treten in eine Phase ein, in der die Inflationserwartungen steigen und die Menschen höhere Löhne fordern werden."
Der Einfluss der Politik auf die Notenbanken sei vor allem in Europa zu stark, sagte Reinhart dem Spiegel weiter. "Die Zentralbanken sind nur auf dem Papier unabhängig, aber nicht de facto. Die Verschuldung ist viel zu hoch, und die Zentralbanken handeln viel zu zögerlich. Die Situation ist extrem gefährlich."
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/brb
(END) Dow Jones Newswires
February 03, 2022 05:52 ET (10:52 GMT)
Copyright (c) 2022 Dow Jones & Company, Inc.