DJ Lagarde: Inflation dürfte länger als bisher erwartet erhöht bleiben
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet nach den Worten von EZB-Präsidentin Christine Lagarde weiterhin, dass die Inflation in den nächsten Monaten zurückgehen wird. Er betrachtet die Inflationsrisiken aber als aufwärts gerichtet. Lagarde sagte in der Pressekonferenz nach der EZB-Ratssitzung, die Inflation dürfte länger als bisher erwartet hoch bleiben. Sie sei im Januar erneut höher als erwartet gewesen. Die Inflation dürfte aber im Jahresverlauf zurückgehen.
Die Inflation im Euroraum ist in den vergangenen Monaten durchgängig höher als von Volkswirten erwartet gewesen. Im Januar stieg sie auf ein neues Rekordhoch von 5,1 Prozent, anstatt wie erwartet auf 4,3 Prozent zurückzugehen. Wichtigster Grund waren höhere Energiepreise, aber auch die Nahrungsmittelpreise spielten eine Rolle.
"Der direkte Einfluss der Energiepreise steht für mehr als die Hälfte der Inflation", sagte Lagarde. Hinzu kämen indirekte Auswirkungen. Lagarde zufolge rechnet die EZB damit, dass die Energiepreise im Jahresverlauf sinken werden. Auch die Engstellen in der Lieferkette dürften sich auflösen.
Im Unterschied zu den Beratungen im Dezember betrachtet der EZB-Rat die Inflationsrisiken Lagarde zufolge als aufwärts gerichtet - "vor allem kurzfristig", wie Lagarde sagte.
EZB-Offizielle hatten in den vergangenen Monaten wiederholt die Erwartung geäußert, dass die Inflation spätestens nach dem Jahreswechsel zurückgehen würde. Ein Grund war, dass dann die Normalisierung der Mehrwertsteuer in Deutschland aus dem Vorjahresvergleich herausfallen würde. Dieser Effekt war zwar in Deutschland spürbar, reichte aber für den gesamten Euroraum nicht aus.
Die EZB ist zur Bewahrung mittelfristiger Preisstabilität verpflichtet, die sie bei einer Inflationsrate von 2 Prozent gegeben sieht. Die derzeit hohe Inflation wird aus geldpolitischer Sicht dann zum Problem, wenn sie sich über höhere Inflationserwartungen, das Preissetzungsverhalten von Unternehmen und Lohnabschlüsse zu verstetigen droht.
Vor allem in Deutschland gibt es wegen der hohen Inflation seit einiger Zeit Forderungen nach einer "Normalisierung" der EZB-Geldpolitik.
Zuvor hatte der EZB-Rat wie erwartet seine im Dezember getroffenen Beschlüsse zur Beendigung der Nettokäufe unter dem Pandemieprogramm PEPP und zur zeitweiligen Aufstockung des APP-Kaufprogramms bestätigt. Auch das Niveau der Leitzinsen und die sie betreffende Forward Guidance blieben unverändert; und der Vorzugszins für TLTRO3-Tender sollen wie bisher geplant im Juni auslaufen.
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February 03, 2022 08:52 ET (13:52 GMT)
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