DJ EZB/De Guindos fordert zentrale Fiskalkapazität
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Luis de Guindos, hat die Schaffung einer zentralen Fiskalkapazität gefordert, deren Finanzmittel bei Abschwüngen zur Stützung der Konjunktur eingesetzt werden könnten. In einer Rede beim London School of Economics German Symposium setzte sich De Guindos zudem für eine ausgewogene Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts ein, der den Staaten einen Abbau ihrer Schulden vorschreiben würde, zugleich aber wachstumsfreundlicher als bisher wäre. Folgende Eckpunkte nannte der EZB-Präsident:
1. sollten die Fiskalregeln einfacher, transparenter und berechenbarer werden. Man sollte sich weniger auf die Produktionslücke verlassen, die nicht beobachtbar ist, und sich stärker auf eine ausgabenbasierte Regel konzentrieren
2. ist eine realistische, graduelle und nachhaltige Senkung der öffentlichen Schulden wichtig, um den finanzpolitischen Spielraum wiederherzustellen. Die Schuldenregel, die das Tempo des Schuldenabbaus bestimmt, müsste reformiert werden, um eine solche Anpassung zu ermöglichen
3. könnte eine umfassendere und völlig unabhängige Bewertung der Lage durch unabhängige Finanzinstitutionen dazu beitragen, die prozyklischen Tendenzen in der Finanzpolitik zu verringern und die nationale Eigenverantwortung zu fördern
4. sollte die Finanzpolitik wachstumsfreundlicher werden. Die beispiellose Finanzierung, die die EU in Form von Next Generation EU bereitstellt, muss durch nachhaltige, national finanzierte Investitionen ergänzt werden
"Nach 30 Jahren Vertrag von Maastricht und 30 Jahren Aufbau der Wirtschafts- und Währungsunion sollten wir den Blick nach vorne richten", sagte De Guindos und fügte hinzu: "Langfristig müssen wir auf den Aufbau einer zentralen Fiskalkapazität hinarbeiten." Bei einer angemessenen antizyklischen Gestaltung mit Puffern, die in guten Zeiten angelegt und in Abschwungphasen freigesetzt werden könnten, könnte diese zentrale Fiskalkapazität eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der makroökonomischen Stabilisierung und Konvergenz im Euroraum spielen.
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February 10, 2022 08:05 ET (13:05 GMT)
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