Berlin/Kabul (ots) -
Ein halbes Jahr nach dem Machtwechsel in Afghanistan zwingt die Wirtschaftskrise rund eine Million Kinder im Land zur Arbeit, weil ihre Familien in Armut und Schulden versinken - und die Zahlen drohen weiter zu steigen. Das geht aus einer Befragung von Save the Children hervor. Knapp ein Fünftel der Familien hat demnach keine andere Wahl, als ihre Kinder zur Arbeit zu schicken.
"In Afghanistan gibt es keinen Mangel an Lebensmitteln - die Märkte sind voll. Und doch verhungern Kinder, weil ihre Eltern das Geld für Essen nicht aufbringen können", sagt Chris Nyamandi, der Landesdirektor von Save the Children in Afghanistan. "Wenn wir jetzt handeln, können weitere Tragödien verhindert werden."
Die Befragung von 1.400 Haushalten in sieben Provinzen Afghanistans ergab, dass 82 Prozent der Menschen seit dem Machtwechsel im vergangenen August ernsthafte Einkommensverluste erlitten haben. Ein Drittel (34,8 Prozent) der Familien hat ihr gesamtes Haushaltseinkommen verloren und ein Viertel (26,6 Prozent), mehr als die Hälfte. Die Stadtbevölkerung war am stärksten betroffen; die Hälfte der Familien in Kabul hat ihr gesamtes Einkommen verloren. 7,5 Prozent der Befragten müssen betteln oder sind auf Almosen angewiesen, um ihre Familien zu ernähren; 36 Prozent müssen Lebensmittel auf Kredit kaufen. 18 Prozent gaben an, dass ihre Kinder arbeiten müssen, um die Familie zu unterstützen.
"Meine Kinder sind schwach und dünn", erzählt Shugofa*, 36, die mit ihren fünf Kindern in der Provinz Balkh Zuflucht suchte, nachdem ihr Mann getötet wurde. "Meine Kinder können höchstens einmal am Tag essen, damit es für einen weiteren Tag reicht." Ihre zwölfjährige Tochter Laila* musste putzen gehen, um genug Essen auf den Tisch zu bringen. "Ich habe von morgens bis abends gearbeitet", sagt Laila*. "Ich habe gearbeitet, weil ich es musste. Ich brachte 10 Afghani (10 US-Cent) mit nach Hause und kaufte damit Tee für meine Familie." Eine schreckliche Situation, auch für ihre Mutter Shugofa*. "Wie sollte ich mich fühlen, wenn ein Teil meines Herzens für andere arbeiten muss? Aber was konnte ich tun", erinnert sie sich. "Es tat mir leid, dass mein Kind den Müll und Dreck anderer Leute wegputzen musste."
Save the Children konnte Laila* und ihrer Familie helfen, aber die Notlage im Land ist weiterhin bedrückend. In diesem Winter werden voraussichtlich 14 Millionen Mädchen und Jungen eine lebensbedrohliche Hungersnot erleben. "Ich habe noch nie so eine verzweifelte Situation wie hier in Afghanistan erlebt", sagt Nyamandi. "Wir behandeln jeden Tag schwerkranke Kinder, die seit Monaten nichts als Brot gegessen haben. Die Eltern müssen unerträgliche Entscheidungen treffen: Welches ihrer Kinder sollen sie ernähren? Lassen sie ihre Kinder hungern oder arbeiten? Wir tun alles, um den Familien die nötige Hilfe zukommen zu lassen. Doch humanitäre Hilfe allein reicht nicht. Dies ist eine Wirtschaftskrise - internationale Regierungen müssen lebenswichtige Gelder und Finanzmittel freigeben. Nur so kann das Schlimmste verhindert werden."
Save the Children versorgt Familien in Afghanistan mit medizinischer Betreuung, Bargeld, Lebensmitteln, Decken und Winterkleidung. Darüber hinaus bietet die Organisation kinderfreundliche Orte zum Lernen und Spielen an. Seit September 2021 hat Save the Children 763.000 Menschen unterstützt, darunter 430.800 Kinder.
Zusatzmaterial (Fotos und Videomaterial) zum Download:
Erlebnisbericht von Laila*, 12, die mit ihrer Mutter und vier Geschwistern in einem Vertriebenenlager in der Provinz Balkh lebt:
https://www.contenthubsavethechildren.org/Package/2O4C2SSMJIUN
Unter © Save the Children ist das Material honorarfrei auch zur Weitergabe an Dritte nutzbar.
* Name zum Schutz geändert
Über Save the Children: Im Nachkriegsjahr 1919 gründete die britische Sozialreformerin Eglantyne Jebb Save the Children, um Kinder in Deutschland und Österreich vor dem Hungertod zu retten. Heute ist die inzwischen größte unabhängige Kinderrechtsorganisation der Welt in rund 120 Ländern tätig. Save the Children setzt sich ein für Kinder in Kriegen, Konflikten und Katastrophen. Für eine Welt, die die Rechte der Kinder achtet. Eine Welt, in der alle Kinder gesund und sicher leben und frei und selbstbestimmt aufwachsen und lernen können - seit über 100 Jahren.
Pressekontakt:
Save the Children Deutschland e.V.
Pressestelle - Marie-Sophie Schwarzer
Tel.: +49 (0)30 - 27 59 59 79 - 226
Mail: marie.schwarzer@savethechildren.de
Original-Content von: Save the Children Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/106106/5146285
Ein halbes Jahr nach dem Machtwechsel in Afghanistan zwingt die Wirtschaftskrise rund eine Million Kinder im Land zur Arbeit, weil ihre Familien in Armut und Schulden versinken - und die Zahlen drohen weiter zu steigen. Das geht aus einer Befragung von Save the Children hervor. Knapp ein Fünftel der Familien hat demnach keine andere Wahl, als ihre Kinder zur Arbeit zu schicken.
"In Afghanistan gibt es keinen Mangel an Lebensmitteln - die Märkte sind voll. Und doch verhungern Kinder, weil ihre Eltern das Geld für Essen nicht aufbringen können", sagt Chris Nyamandi, der Landesdirektor von Save the Children in Afghanistan. "Wenn wir jetzt handeln, können weitere Tragödien verhindert werden."
Die Befragung von 1.400 Haushalten in sieben Provinzen Afghanistans ergab, dass 82 Prozent der Menschen seit dem Machtwechsel im vergangenen August ernsthafte Einkommensverluste erlitten haben. Ein Drittel (34,8 Prozent) der Familien hat ihr gesamtes Haushaltseinkommen verloren und ein Viertel (26,6 Prozent), mehr als die Hälfte. Die Stadtbevölkerung war am stärksten betroffen; die Hälfte der Familien in Kabul hat ihr gesamtes Einkommen verloren. 7,5 Prozent der Befragten müssen betteln oder sind auf Almosen angewiesen, um ihre Familien zu ernähren; 36 Prozent müssen Lebensmittel auf Kredit kaufen. 18 Prozent gaben an, dass ihre Kinder arbeiten müssen, um die Familie zu unterstützen.
"Meine Kinder sind schwach und dünn", erzählt Shugofa*, 36, die mit ihren fünf Kindern in der Provinz Balkh Zuflucht suchte, nachdem ihr Mann getötet wurde. "Meine Kinder können höchstens einmal am Tag essen, damit es für einen weiteren Tag reicht." Ihre zwölfjährige Tochter Laila* musste putzen gehen, um genug Essen auf den Tisch zu bringen. "Ich habe von morgens bis abends gearbeitet", sagt Laila*. "Ich habe gearbeitet, weil ich es musste. Ich brachte 10 Afghani (10 US-Cent) mit nach Hause und kaufte damit Tee für meine Familie." Eine schreckliche Situation, auch für ihre Mutter Shugofa*. "Wie sollte ich mich fühlen, wenn ein Teil meines Herzens für andere arbeiten muss? Aber was konnte ich tun", erinnert sie sich. "Es tat mir leid, dass mein Kind den Müll und Dreck anderer Leute wegputzen musste."
Save the Children konnte Laila* und ihrer Familie helfen, aber die Notlage im Land ist weiterhin bedrückend. In diesem Winter werden voraussichtlich 14 Millionen Mädchen und Jungen eine lebensbedrohliche Hungersnot erleben. "Ich habe noch nie so eine verzweifelte Situation wie hier in Afghanistan erlebt", sagt Nyamandi. "Wir behandeln jeden Tag schwerkranke Kinder, die seit Monaten nichts als Brot gegessen haben. Die Eltern müssen unerträgliche Entscheidungen treffen: Welches ihrer Kinder sollen sie ernähren? Lassen sie ihre Kinder hungern oder arbeiten? Wir tun alles, um den Familien die nötige Hilfe zukommen zu lassen. Doch humanitäre Hilfe allein reicht nicht. Dies ist eine Wirtschaftskrise - internationale Regierungen müssen lebenswichtige Gelder und Finanzmittel freigeben. Nur so kann das Schlimmste verhindert werden."
Save the Children versorgt Familien in Afghanistan mit medizinischer Betreuung, Bargeld, Lebensmitteln, Decken und Winterkleidung. Darüber hinaus bietet die Organisation kinderfreundliche Orte zum Lernen und Spielen an. Seit September 2021 hat Save the Children 763.000 Menschen unterstützt, darunter 430.800 Kinder.
Zusatzmaterial (Fotos und Videomaterial) zum Download:
Erlebnisbericht von Laila*, 12, die mit ihrer Mutter und vier Geschwistern in einem Vertriebenenlager in der Provinz Balkh lebt:
https://www.contenthubsavethechildren.org/Package/2O4C2SSMJIUN
Unter © Save the Children ist das Material honorarfrei auch zur Weitergabe an Dritte nutzbar.
* Name zum Schutz geändert
Über Save the Children: Im Nachkriegsjahr 1919 gründete die britische Sozialreformerin Eglantyne Jebb Save the Children, um Kinder in Deutschland und Österreich vor dem Hungertod zu retten. Heute ist die inzwischen größte unabhängige Kinderrechtsorganisation der Welt in rund 120 Ländern tätig. Save the Children setzt sich ein für Kinder in Kriegen, Konflikten und Katastrophen. Für eine Welt, die die Rechte der Kinder achtet. Eine Welt, in der alle Kinder gesund und sicher leben und frei und selbstbestimmt aufwachsen und lernen können - seit über 100 Jahren.
Pressekontakt:
Save the Children Deutschland e.V.
Pressestelle - Marie-Sophie Schwarzer
Tel.: +49 (0)30 - 27 59 59 79 - 226
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