BERLIN (dpa-AFX) - Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) erarbeitet in den nächsten Monaten Vorschläge für eine Modernisierung seiner Verbandsstruktur. "Hierzu wird eine Projektgruppe gebildet, die sich aus den Reihen der Mitgliedschaft zusammensetzt", teilte der Verband am Montag nach einer Online-Delegiertenversammlung mit. Erste beschlussfähige Vorlagen erwarte man für die nächste reguläre Delegiertenversammlung im September.
Die außerordentliche Sitzung des Gremiums war auch deshalb mit Spannung erwartet worden, weil sie in eine Zeit fiel, in der sich Verbandspräsident und Chef des Medienkonzerns Axel Springer, Mathias Döpfner, durch einen Bericht der britischen Tageszeitung "Financial Times" neuen Vorwürfen rund um den Fall des Ex-"Bild"-Chefredakteurs Julian Reichelt ausgesetzt sieht.
Springer hatte diesen Mitte Oktober von seinen Aufgaben an der Spitze von Deutschlands größtem Boulevardblatt entbunden, unmittelbar nachdem Presserecherchen der US-Zeitung "New York Times" und eines Investigativ-Teams der Mediengruppe Ippen bekanntgeworden waren. Im Frühjahr 2021 hatte es interne Ermittlungen gegen Reichelt wegen Vorwürfen zu Machtmissbrauch im Zusammenhang mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen gegeben. Der Konzern hatte Reichelt zunächst eine zweite Chance gegeben, zog im Oktober dann einen Schlussstrich.
Die "Financial Times" brachte in der vergangenen Woche nun weitere Vorwürfe auf: Der Konzernspitze sollen schwere Vorwürfe gegen Reichelt bereits vor der internen Untersuchung bekannt gewesen sein. Das Unternehmen soll mehr gewusst haben, als es nach außen dargestellt habe. Zudem sollen sich Döpfner und Spitzenkräfte während der Ermittlungen und nach deren Abschluss für den Schutz Reichelts eingesetzt haben. Auch von einer Liste mit unliebsamen Namen ist die Rede. Springer hatte am vergangenen Dienstag knapp darauf reagiert. Von einem Konzernsprecher hieß es: "Der Artikel zeichnet ein irreführendes Bild der Compliance-Untersuchung, der daraus gezogenen Konsequenzen, des gesamten Unternehmens und seiner Führung."
Döpfner ist seit 2016 BDZV-Präsident. Das entsprechende Gremium hatte ihn 2020 für eine zweite Amtszeit - vier Jahre - wiedergewählt. Auf Nachfrage teilte ein BDZV-Sprecher mit, dass es auf der Delegiertenversammlung am Montag nicht um die Personalie Döpfner mit Blick auf die Vorwürfe in der "Financial Times" gegangen sei. Die Funke Mediengruppe hatte sich vor der Versammlung kritisch zu Döpfner im "Spiegel" geäußert./rin/DP/men