DJ EZB/Schnabel sieht Inflationsrisiken vom Arbeitsmarkt
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) muss nach Aussage von EZB-Direktorin Isabel Schnabel mit ihren geldpolitischen Entscheidungen im März dem veränderten Inflationsausblick Rechnung tragen, ohne dabei die Konjunkturerholung abzuwürgen. In einem Interview mit der Financial Times widersprach Schnabel der Einschätzung, dass die EZB wegen der derzeit sehr hohen Inflation nichts unternehmen könne, weil diese von Angebotsfaktoren wie einem hohen Ölpreis und Produktionsengpässen ausgelöst sei. Die freien Kapazitäten auf dem Arbeitsmarkt wurden schneller absorbiert als erwartet, und infolgedessen könnten die Löhne in Zukunft schneller steigen", sagte sie.
Die Inflation habe also durchaus eine Nachfragekomponente, und das sei genau das, worauf die EZB achten müsse. "Wir müssen auch sicherstellen, dass sich die derzeitige hohe Inflation nicht in den Erwartungen verfestigt, denn das könnte zu einer Lohn-Preis-Spirale führen", sagte sie. Wenn die Inflationserwartungen einmal nicht mehr verankert seien, könne es sehr teuer werden, sie wieder zu verankern.
"Genau aus diesem Grund ist es besser, rechtzeitig, aber schrittweise zu reagieren, als zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem abrupten Handeln gezwungen zu sein, das auch negative Auswirkungen auf die Finanzstabilität haben könnte", sagte sie. Bei einem sehr abrupten Politikwechsel seien die Anleger nicht in der Lage, ihre Portfolios schrittweise anzupassen. "Ich denke, es ist wirklich wichtig, dass wir hier das richtige Gleichgewicht finden."
Angesprochen auf die Markterwartung einer Zinserhöhung zur Jahresmitte sagte die EZB-Direktorin: "Man sollte die Marktpreise für diesen Termin nicht wörtlich nehmen, denn sie enthalten auch Risikoprämien, die die große Unsicherheit widerspiegeln, mit der wir derzeit konfrontiert sind." Der tatsächliche Zeitpunkt, den die EZB aus den Daten ableiten werde, dürfte also "etwas später" liegen.
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February 16, 2022 02:19 ET (07:19 GMT)
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