BERLIN (dpa-AFX) - Mehrere Sozialdemokraten haben die Haltung der SPD-Parteiführung zum früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder kritisiert. "Gerhard Schröders Gesinnungslosigkeit zugunsten des eigenen Egos, seine Verantwortungslosigkeit gegenüber den Opfern in der Ukraine und gegenüber der eigenen Partei, das ist einfach nur unerträglich", sagte die SPD-Politikerin Gesine Schwan dem "Spiegel". Die SPD-Spitze müsse "einen klaren Schnitt zu Schröder hinbekommen" und verhindern, immer wieder mit ihm in Verbindung gebracht zu werden. Dabei sprach sie konkret Parteichef Lars Klingbeil an. Schwan hatte sich 2019 selbst für den Parteivorsitz beworben.
Schröder sei "ein freiwilliger Lobbyist für einen kriegsführenden Aggressor", kritisierte Schwan nun. Er sei völlig entgleist. Der Vorsitzende der SPD in Bremerhaven, Martin Günther, forderte ein Machtwort der Parteispitze. Die Parteispitze ducke sich weg, sagte er dem "Spiegel". Man solle Schröder zur Persona non grata erklären, die nirgends mehr eingeladen werde.
Der frühere Bundeskanzler gilt als langjähriger Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Zuletzt war Schröder aufgefallen, weil er vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine ukrainische Forderungen nach Waffenlieferungen als "Säbelrasseln" kritisierte. Klingbeil betonte danach mehrfach, Schröder vertrete damit nicht die Meinung der SPD. Auch dass Schröder im Aufsichtsrat etwa des staatlichen russischen Energiekonzerns Rosneft sitze, halte er für einen Fehler, sagte Klingbeil. Schröder hat auch Führungspositionen bei den Pipeline-Projekten Nord Stream und Nord Stream 2.
Am Donnerstag äußerte sich Schröder im Online-Netzwerk LinkedIn zum russischen Angriff auf die Ukraine. Er forderte die Regierung in Moskau auf, den Krieg schnellstmöglich zu beenden. Auch Sicherheitsinteressen Russlands rechtfertigten nicht den Einsatz militärischer Mittel, schrieb er. Schröder betonte zugleich, bei notwendigen Sanktionen dürften die politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Verbindungen zwischen Europa und Russland nicht ganz gekappt werden./tam/DP/ngu