DJ HWWI erwartet 2022 BIP-Wachstum von 2,0 Prozent und 2023 von 3,0 Prozent
Von Andreas Kißler
HAMBURG/BERLIN (Dow Jones)--Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) hat angesichts der veränderten Rahmenbedingungen infolge des Ukraine-Kriegs seine Prognose für die Wirtschaftsentwicklung in diesem Jahr gesenkt. Unter den aktuellen, deutlich verschlechterten Bedingungen werde für 2022 nun mit einem Wirtschaftswachstum von nur mehr 2,0 Prozent und für 2023 mit einem von 3,0 Prozent gerechnet. "Die Ukraine-Krise hat erhebliche negative Auswirkungen auch auf die deutsche Wirtschaft", erklärte das Institut. "Die Unsicherheit ist merklich gestiegen, und der dadurch bedingte weitere kräftige Anstieg der Energiepreise erhöht die Inflation und senkt die reale Kaufkraft."
Bei noch weiterer Eskalation müsste nach Einschätzung des HWWI je nach Umfang etwaiger Gegensanktionen "gegebenenfalls sogar mit einer Rezession gerechnet werden". Die nochmals stark gestiegenen Energiepreise hätten den erwarteten Rückgang der Verbraucherpreise "ausgebremst". Vielmehr hätten sich die Inflationserwartungen generell erhöht. Den Arbeitsmarkt habe dies bislang nicht berührt, und das dürfte es auch erst im Fall einer bei eskalierender Ukraine-Krise schwächeren Wirtschaft tun.
Das Institut senkte seine Prognose für dieses Jahr gegenüber den bisher erwarteten 3,5 Prozent Wachstum, weil der Aufholprozess wegen der neuen Unsicherheiten weniger dynamisch sein werde als zuvor angenommen. Vorausgesetzt, es komme zu der angenommenen geopolitischen Entwicklung, dürften sich einige der Nachholeffekte ins Jahr 2023 verschieben. Dies und ein größerer Überhang zur Jahreswende 2022/23 könnten dann im Jahresdurchschnitt 2023 zu einem höheren Wirtschaftswachstum als die bisher veranschlagten 2,0 Prozent führen.
Ausrüstungsinvestitionen sollen deutlich zulegen
In seiner aktuellen Prognose erwartet das HWWI für 2022 eine Steigerung der privaten Konsumausgaben um 3,0 Prozent und für 2023 um 2,0 Prozent. Die Ausrüstunsginvestitionen sollen dieses Jahr um 3,0 Prozent und kommendes um 6,3 Prozent steigen. Für die Exporte wird eine Steigerung um 5,7 Prozent in diesem und 5,9 Prozent im nächsten Jahr veranschlagt, bei den Importen soll der Zuwachs bei 6,1 Prozent und 5,7 Prozent liegen. Die Zahl der Arbeitslosen soll nach der Prognose dieses Jahr auf 2,33 Millionen und kommendes weiter auf 2,22 Millionen und die Arbeitslosenquote 2022 auf 4,9 Prozent und 2023 auf 4,7 Prozent sinken. Für die Verbraucherpreise wird eine Steigerung um 3,8 Prozent im Jahr 2022 und um 2,0 Prozent 2023 erwartet.
Während sich auf der einen Seite mit Nachlassen der Pandemiewelle die Rahmenbedingungen für die deutsche Wirtschaft wieder verbesserten, hätten sie sich durch den Ukraine-Konflikt und durch die auch dadurch verstärkten Inflationsprobleme merklich verschlechtert. Für die Prognose ging das HWWI nach eigenen Angaben davon aus, dass die Kampfhandlungen bald zu einem Ende kommen und sich die Situation nicht noch weiter verschärft. Dann könnten sich im weiteren Jahresverlauf die Energiemärkte zumindest so weit entspannen, dass der Inflationsdruck seitens der Energiepreise nachlasse. "Jede weitere Eskalation jedoch würde die Bedingungen gegenüber diesen Annahmen nochmals verschlechtern."
Mit dem angekündigten Wegfall der Corona-Beschränkungen erhalte die deutsche Wirtschaft schon durch die Erholung der bislang am stärksten eingeschränkten Wirtschaftsbereiche neue Impulse. Überdies dürften sich die bisherigen Lieferengpässe teilweise mindern und sich in der Industrie und in der Bauwirtschaft angesichts der hohen Auftragsbestände dort auch die Produktion in diesen Bereichen beleben. Teilweise könnte es allerdings auch zu neuen Störungen bei Zulieferungen durch die Sanktionen gegen Russland kommen. Der Aufholprozess sollte aber laut HWWI "ab diesem Frühjahr wieder in Gang kommen, wenn nun auch mit geringerer Dynamik".
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/apo
(END) Dow Jones Newswires
March 02, 2022 05:09 ET (10:09 GMT)
Copyright (c) 2022 Dow Jones & Company, Inc.