
DJ Ökonomen Fuest und Fratzscher warnen vor stark steigenden Preisen
BERLIN (Dow Jones)--Die beiden führenden Ökonomen Clemens Fuest und Marcel Fratzscher haben wegen des Ukraine-Kriegs vor einer deutlich steigenden Inflation gewarnt. "Wenn es einen Lieferstopp geben würde, dann würden die Preise noch einmal sehr stark ansteigen", sagte Fuest, der das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung leitet, dem Bayerischen Rundfunk. "Dann können es deutlich mehr als 5 Prozent werden." Der Preisanstieg würde sich dann aber nicht nur auf das Öl beziehen, so Fuest weiter, "auch Lebensmittel verteuern sich."
Die Entscheidung für einen Lieferstopp sei eine politische, so der Ifo-Präsident: "Ökonomisch ist klar, dass die Kosten für uns relativ hoch wären, aber für Russland natürlich auch." Mit Blick auf die am Donnerstag stattfindende Sitzung der Europäischen Zentralbank riet Fuest: "Das Beste wäre aus meiner Sicht abzuwarten, keine neuen Beschlüsse zu fassen, sondern bei dem bisherigen Kurs zu bleiben. In einer Situation mit sehr hoher Unsicherheit ist es am besten, wenn man sich alle Optionen offenhält."
Fratzscher warnte vor einer noch sehr viel höheren Inflation infolge des Kriegs in der Ukraine. "Wahrscheinlich wird es im laufenden Jahr Inflationsraten von deutlich über 5 Prozent geben", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Im Fall einer Eskalation des Kriegs und immer neuer Sanktionen kann es sogar Richtung 10 Prozent gehen." Die Teuerung dürfte sich in den kommenden Wochen und Monaten noch einmal verstärken, "da noch nicht alle Preissteigerungen und höheren Kosten an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben worden sind". Komme es zu einem Stopp der Gas- und Öllieferungen von Russland nach Europa, "dann würde sich die Lage noch einmal dramatisch verschärfen."
Der DIW-Chef warnte zudem, man dürfe nicht nur auf die Energiepreise schauen. "Wir könnten auch wieder sehr große Probleme bei den Lieferketten bekommen, beispielsweise bei Halbleitern, denn Russland exportiert auch wichtige Rohstoffe wie seltene Erden." Das Gleiche gelte für Nahrungsmittel. "Es kann sehr, sehr hart werden für die Verbraucherinnen und Verbraucher in den kommenden Monaten", sagte er. Menschen mit einem Jahreseinkommen unter 50.000 Euro sollten ein Energiegeld bekommen, forderte Fratzscher.
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March 10, 2022 03:41 ET (08:41 GMT)
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