DJ EZB fährt Nettoanleihekäufe herunter und ändert Zins-Guidance
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat das Niveau seiner Leitzinsen bestätigt und wie erwartet beschlossen, das Gesamtvolumen seiner Wertpapierkäufe zu verringern. Verändert wurden auch die Forward Guidance zu Leitzinsen und Nettoanleihekäufen. Laut Mitteilung der EZB wird nun keine Zinssenkung mehr in Aussicht gestellt, vielmehr will das Gremium seine Zinsen nun nur noch bis auf weiteres unverändert lassen, und zwar so lange, bis eine Reihe von Bedingungen erfüllt ist.
Der Rat bekräftigte zudem seine Absicht, das Nettovolumen seiner Anleihekäufe unter dem APP-Programm vorübergehend zu erhöhen, um den Effekt der im März endenden Nettokäufe unter dem Pandemieprogramm PEPP teilweise auszugleichen. Allerdings fällt die Dauer dieser Erhöhung deutlich kürzer aus als zuletzt signalisiert. Die gesamten Nettokäufe sinken damit im April auf 40 (Februar: 60) Milliarden Euro, auf 30 Milliarden im Mai und auf 20 Milliarden im Juni.
Nach bisheriger Beschlusslage hätte sich dieser Prozess bis zum vierten Quartal hinziehen sollen. Im dritten Quartal könnten die Nettokäufe nach neuer Beschlusslage beendet oder aber fortgesetzt werden.
Folgende Beschlüsse fasste der EZB-Rat im Einzelnen:
1. APP-Programm
Die EZB will das monatliches APP-Kaufvolumen von derzeit 20 Milliarden Euro auf 40 Milliarden im April erhöhen und es anschließend im Mai auf 30 und im Juni auf 20 Milliarden Euro reduzieren. Die Kalibrierung der Nettokäufe für das dritte Quartal wird von der Datenlage und der Einschätzung der Einschätzung des Ausblicks abhängen. Wenn die Daten die Erwartung stützen, dass sich die mittelfristigen Inflationsaussichten auch nach dem Ende der Nettokäufe nicht abschwächen, wird der EZB-Rat die Nettokäufe im dritten Quartal beenden. Sollten sich die mittelfristigen Inflationsaussichten ändern und sollten die Finanzierungsbedingungen mit weiteren Fortschritten in Richtung des Zweiprozentziels unvereinbar werden, würde der Rat den Plan für die Nettokäufe in Bezug auf Umfang und/oder Dauer überarbeiten. Die Tilgungsbeträge der APP-Wertpapiere sollen für längere Zeit über den Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung hinaus voll wiederangelegt werden.
2. Zinsen und Forward Guidance
Der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität werden unverändert bei 0,00 Prozent, 0,25 Prozent bzw. minus 0,50 Prozent belassen.
Der EZB-Rat geht davon aus, dass die EZB-Leitzinsen so lange auf ihrem aktuellen Niveau bleiben, bis er einen Anstieg der Inflation auf ihr Ziel von 2 Prozent deutlich vor dem Ende des Projektionszeitraums und dauerhaft für den Rest dieses Zeitraums erkennen kann. Auch müssen die schon erreichten Fortschritte bei der unterliegenden Inflation so deutlich erkennbar sein, dass eine mittelfristige Stabilisierung der Inflation bei 2 Prozent plausibel scheint. Zinsänderungen soll es erst einige Zeit nach dem Ende der Nettoanleihekäufe unter dem APP-Programm geben, sie sollen zudem nur graduell ausfallen.
Der Zinspfad soll weiterhin von der Forward Guidance und der strategischen Verpflichtung bestimmt werden, die Inflation mittelfristig bei 2 Prozent zu stabilisieren.
3. PEPP-Programm und Forward Guidance
Die PEPP-Nettokäufe sind im ersten Quartal 2022 niedriger als im vierten Quartal 2021. Sie sollen Ende März enden. Die PEPP-Tilgungsbeträge sollen bis mindestens Ende 2024 wiederangelegt werden. Das Auslaufen der Wiederanlage soll so gesteuert werden, dass eine Beeinträchtigung des geldpolitischen Kurses vermieden wird. Die EZB kann die Wiederanlage flexibel handhaben.
Vor allem für den Fall einer abermaligen "Fragmentierung", also eines Anstieg der Renditedifferenzen von Staatsanleihen, kann die Wiederanlage flexibel hinsichtlich Zeitpunkt, Asset-Klasse und Herkunftsland erfolgen. Das gilt auch für griechische Staatsanleihen, die die EZB falls nötig über die reine Wiederanlage hinaus kaufen dürfte. Auch eine Wiederaufnahme der Nettokäufe insgesamt ist möglich.
4. Refinanzierungsbedingungen
Die EZB wird die Refinanzierungsbedingungen der Banken beobachten und dafür sorgen, dass das Fälligwerden von TLTRO3-Geschäften nicht die reibungslose Übertragung der Geldpolitik beeinträchtigt. Sie will zudem regelmäßig prüfen, wie gezielte Kreditoperationen ihre geldpolitische Ausrichtung beeinflussen. Die Sonderkonditionen der TLTRO3 sollen wie geplant im Juni 2022 auslaufen. Die EZB will für eine angemessene Kalibrierung ihres zweistufigen Systems von Einlagenzinsen sorgen, damit der negative Einlagenzins nicht die Fähigkeit der Banken zur Kreditvergabe einschränkt.
Die EZB ist bereit, alle ihre Instrumente so anzupassen, dass sich die Inflation mittelfristig bei 2 Prozent stabilisieren kann.
5. Liquidität für Nicht-Euro-Zentralbanken
Die EZB verlängert die Repo-Fazilität des Eurosystems für Zentralbanken (EUREPO) bis 15. Januar 2023.
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March 10, 2022 08:20 ET (13:20 GMT)
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