DJ VCI zieht Prognose zurück - Aussichten für Chemiebranche düster
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Chemieindustrie in Deutschland steht angesichts der kriegsbedingt dramatisch steigenden Energiepreise vor einem ungewissen Jahr und erwartet anders als noch im Dezember angekündigt aktuell mehrheitlich Einbrüche in ihrer Geschäftsentwicklung. Der Branchenverband VCI zog bei Vorlage der Jahresbilanz 2021 deshalb seine Prognose für 2022 zurück, gab aber keine neue Einschätzung ab. "Jegliche Prognose wäre im hohen Maß spekulativ", sagte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup.
Mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine sei die Erwartung der Branche für die Geschäftsaussichten im laufenden Jahr innerhalb weniger Wochen gekippt.
Der Verband der Chemischen Industrie warnte die Politik davor, angesichts des Krieges in der Ukraine ein Importverbot für russisches Erdgas zu verhängen. Tiefe Einschnitte in das Produktionsniveau wären dann in der gesamten Branche unvermeidlich und würden sich über die Lieferketten auf die gesamte Industrie in Deutschland auswirken, so der VCI. "Mit einer schweren und mehrjährigen Rezession mit einem massiven Verlust von Arbeitsplätzen muss gerechnet werden", warnte Große Entrup.
54 Prozent der im VCI organisierten Unternehmen erwarteten nach einer aktuellen Umfrage bereits jetzt für 2022 eine rückläufige Produktion und sinkende Umsätze. 70 Prozent sehen als Folge der dramatisch gestiegenen Energiepreise gravierende Probleme für ihr Geschäft. Der finanzielle Spielraum der Firmen schwinde immer mehr, so der VCI. 85 Prozent der Befragten hätten erklärt, sie könnten die steigenden Produktions- und Beschaffungskosten entweder gar nicht oder nur zum Teil weitergeben.
Im Dezember hatte der VCI für 2022 noch einen Anstieg der Produktion um 2 Prozent und ein Umsatzwachstum von 5 Prozent auf 231 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.
Das vergangene Jahr war von hoher Nachfrage und Knappheiten beim Angebot geprägt. Bei einem Wachstum der Produktion um 5,3 Prozent (5,0 Prozent ohne Pharma) und einem Anstieg der Preise um 9,3 Prozent legte der Umsatz der Branche um 17,9 Prozent auf 225 Milliarden Euro zu. Fast zwei Drittel ihres Geschäftes machten die Firmen im Ausland. Die Zahlen fielen damit noch besser aus als im Dezember prognostiziert.
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March 17, 2022 05:00 ET (09:00 GMT)
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