Berlin/Amman (ots) -
Die Rückführungen ausländischer Kinder, die in den überfüllten Lagern im Nordosten Syriens festsitzen, müssen dringend beschleunigt werden, so Save the Children. Wenn nicht, könnte es Berechnungen der Kinderrechtsorganisation zufolge weitere 30 Jahre dauern, bis diese in ihre Heimat zurückkehren können. Derzeit leben noch mehr als 7.300 Minderjährige aus 60 Ländern in Al Hol und Roj und außerdem 18.000 irakische Mädchen und Jungen.
"Die Kinder sitzen jetzt seit Jahren in diesen schrecklichen Lagern fest. Bei dem Tempo, das ausländische Regierungen vorlegen, werden einige Kinder längst erwachsen sein, bevor sie diese Lager verlassen und nach Hause zurückkehren können", sagt Sonia Khush, Leiterin der Nothilfeeinsätze von Save the Children in Syrien.
Save the Children appelliert an die Regierungen, ihren Staatsangehörigen und deren Kindern eine schnellere Rückführung zu ermöglichen. "Doch anstatt sie nach Hause zu bringen, leugnen Regierungen ihre Verantwortung", so Sonia Khush. "Sie entziehen den Müttern die Staatsbürgerschaft und zwingen sie zu einer unmöglichen Entscheidung: Entweder sie bleiben mit ihren Kindern zusammen im Lager oder sie schicken ihre Kinder allein nach Hause und sehen sie nie wieder."
Der elfjährige Idris* aus Tadschikistan kam als Dreijähriger mit seinem Vater nach Syrien. "Ich bin deprimiert und fühle mich hier wie angekettet. Ich lebe in der Hoffnung, eines Tages in mein Land zurückzukehren", sagt er. Auch die zwölfjährige Maryam* aus Frankreich, die schon seit vier Jahren im Lager Roj lebt, vermisst ihre Heimat: "Ich träume nur davon, eines Tages dorthin zurückzukehren."
Das Überleben in den Lagern ist für Kinder ein täglicher Kampf, zeigt ein Bericht (https://resourcecentre.savethechildren.net/document/when-am-i-going-start-live-urgent-need-repatriate-foreign-children-trapped-al-hol-and-roj/?_ga=2.187573933.44241826.1647874309-1794961331.1631630460) von Save the Children aus dem Jahr 2021. Krankheiten und Gewalt sind weitverbreitet, und die Wasser-, Sanitär- und Gesundheitsversorgung sind schlecht. Nur 40 Prozent der Kinder in Al Hol erhalten eine Schulbildung, und 55 Prozent der Haushalte in Roj gaben an, Mädchen und Jungen unter elf Jahren würden teilweise zur Arbeit gezwungen. Im letzten Jahr starben 74 Kinder in Al Hol, darunter acht, die ermordet wurden. Im vergangenen Monat wurde bei einer Schießerei im Annex des Lagers, in dem "Drittstaatsangehörige" und nicht-irakische ausländische Kinder leben, ein Kind getötet. Drei weitere sowie drei Frauen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Erst vor wenigen Wochen kam eine Frau bei einem Brand im Al Hol Annex ums Leben, auch ihr Kind starb an seinen Verbrennungen.
"Der Gedanke, dass ich hier noch jahrelang bleiben muss, macht mich verrückt", sagt Hiba*, 12, aus Tunesien, die seit über drei Jahren mit ihrer Mutter und vier Geschwistern im Al Hol Annex lebt. "Ich wünschte, ich könnte schreien, um mir in Tunesien Gehör zu verschaffen. Manchmal weine ich, um es rauszulassen."
"Diese Kinder haben nichts Falsches getan, doch anstatt frei zu sein, Kinder zu sein - zur Schule zu gehen, zu spielen und in Sicherheit zu leben - sind sie in diesen erbärmlichen Verhältnissen weit weg von ihrer Heimat gefangen und täglich Gefahren ausgesetzt", sagt Sonia Khush. Die jüngsten Rückführungen sind zu begrüßen, aber sie reichen nicht aus. Letzte Woche wurden zwei Kinder mit ihren Müttern nach Schweden zurückgebracht. Im vergangenen Monat kehrten elf Kinder mit ihren Müttern aus dem Lager Roj in die Niederlande und vier nach Schweden zurück. Auch Dänemark und Deutschland haben im Oktober Gruppen von Kindern mit ihren Müttern repatriiert. "Natürlich brauchen diese Prozesse Zeit, aber jede zusätzliche Minute ist eine Minute zu viel für Kinder, die unter verzweifelten Bedingungen leben", betont Sonia Khush.
Save the Children arbeitet seit 2015 in Roj und seit 2016 in Al Hol und bietet in beiden Lagern wichtige Unterstützung in den Bereichen Bildung, Kinderschutz und Ernährung an.
Hinweise für die Redaktion:
Save the Children fordert alle Staaten mit minderjährigen Staatsangehörigen in Syrien auf:
1. Kinder in erster Linie als Kriegsopfer anzuerkennen und zu behandeln, auch diejenigen, die gezwungen wurden, sich dem IS anzuschließen;
2. Staatsangehörige ohne weitere Verzögerungen zurückzuholen und ihre Wiedereingliederung in ihr Heimatland zu unterstützen;
3. Grundrechte zu wahren und die dringenden humanitären Bedürfnisse zu befriedigen;
4. Willkürlich festgehaltene Kinder freizulassen und mit ihren Familien zu vereinigen;
5. Sich zu Nicht-Diskriminierung und Gleichbehandlung zu verpflichten.
Neben einer sicheren, menschenwürdigen Rückkehr der Kinder und ihrer Familien in ihre Heimat fordert Save the Children eine Ausweitung der humanitären Hilfe in den Lagern zum Schutz aller Kinder.
* Name zum Schutz geändert
Über Save the Children: Im Nachkriegsjahr 1919 gründete die britische Sozialreformerin Eglantyne Jebb Save the Children, um Kinder in Deutschland und Österreich vor dem Hungertod zu retten. Heute ist die inzwischen größte unabhängige Kinderrechtsorganisation der Welt in rund 120 Ländern tätig. Save the Children setzt sich ein für Kinder in Kriegen, Konflikten und Katastrophen. Für eine Welt, die die Rechte der Kinder achtet. Eine Welt, in der alle Kinder gesund und sicher leben und frei und selbstbestimmt aufwachsen und lernen können - seit über 100 Jahren.
Pressekontakt:
Save the Children Deutschland e.V.
Pressestelle - Marie-Sophie Schwarzer
Tel.: +49 (0)30 - 27 59 59 79 - 226
Mail: marie.schwarzer@savethechildren.de
Original-Content von: Save the Children Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/106106/5177829
Die Rückführungen ausländischer Kinder, die in den überfüllten Lagern im Nordosten Syriens festsitzen, müssen dringend beschleunigt werden, so Save the Children. Wenn nicht, könnte es Berechnungen der Kinderrechtsorganisation zufolge weitere 30 Jahre dauern, bis diese in ihre Heimat zurückkehren können. Derzeit leben noch mehr als 7.300 Minderjährige aus 60 Ländern in Al Hol und Roj und außerdem 18.000 irakische Mädchen und Jungen.
"Die Kinder sitzen jetzt seit Jahren in diesen schrecklichen Lagern fest. Bei dem Tempo, das ausländische Regierungen vorlegen, werden einige Kinder längst erwachsen sein, bevor sie diese Lager verlassen und nach Hause zurückkehren können", sagt Sonia Khush, Leiterin der Nothilfeeinsätze von Save the Children in Syrien.
Save the Children appelliert an die Regierungen, ihren Staatsangehörigen und deren Kindern eine schnellere Rückführung zu ermöglichen. "Doch anstatt sie nach Hause zu bringen, leugnen Regierungen ihre Verantwortung", so Sonia Khush. "Sie entziehen den Müttern die Staatsbürgerschaft und zwingen sie zu einer unmöglichen Entscheidung: Entweder sie bleiben mit ihren Kindern zusammen im Lager oder sie schicken ihre Kinder allein nach Hause und sehen sie nie wieder."
Der elfjährige Idris* aus Tadschikistan kam als Dreijähriger mit seinem Vater nach Syrien. "Ich bin deprimiert und fühle mich hier wie angekettet. Ich lebe in der Hoffnung, eines Tages in mein Land zurückzukehren", sagt er. Auch die zwölfjährige Maryam* aus Frankreich, die schon seit vier Jahren im Lager Roj lebt, vermisst ihre Heimat: "Ich träume nur davon, eines Tages dorthin zurückzukehren."
Das Überleben in den Lagern ist für Kinder ein täglicher Kampf, zeigt ein Bericht (https://resourcecentre.savethechildren.net/document/when-am-i-going-start-live-urgent-need-repatriate-foreign-children-trapped-al-hol-and-roj/?_ga=2.187573933.44241826.1647874309-1794961331.1631630460) von Save the Children aus dem Jahr 2021. Krankheiten und Gewalt sind weitverbreitet, und die Wasser-, Sanitär- und Gesundheitsversorgung sind schlecht. Nur 40 Prozent der Kinder in Al Hol erhalten eine Schulbildung, und 55 Prozent der Haushalte in Roj gaben an, Mädchen und Jungen unter elf Jahren würden teilweise zur Arbeit gezwungen. Im letzten Jahr starben 74 Kinder in Al Hol, darunter acht, die ermordet wurden. Im vergangenen Monat wurde bei einer Schießerei im Annex des Lagers, in dem "Drittstaatsangehörige" und nicht-irakische ausländische Kinder leben, ein Kind getötet. Drei weitere sowie drei Frauen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Erst vor wenigen Wochen kam eine Frau bei einem Brand im Al Hol Annex ums Leben, auch ihr Kind starb an seinen Verbrennungen.
"Der Gedanke, dass ich hier noch jahrelang bleiben muss, macht mich verrückt", sagt Hiba*, 12, aus Tunesien, die seit über drei Jahren mit ihrer Mutter und vier Geschwistern im Al Hol Annex lebt. "Ich wünschte, ich könnte schreien, um mir in Tunesien Gehör zu verschaffen. Manchmal weine ich, um es rauszulassen."
"Diese Kinder haben nichts Falsches getan, doch anstatt frei zu sein, Kinder zu sein - zur Schule zu gehen, zu spielen und in Sicherheit zu leben - sind sie in diesen erbärmlichen Verhältnissen weit weg von ihrer Heimat gefangen und täglich Gefahren ausgesetzt", sagt Sonia Khush. Die jüngsten Rückführungen sind zu begrüßen, aber sie reichen nicht aus. Letzte Woche wurden zwei Kinder mit ihren Müttern nach Schweden zurückgebracht. Im vergangenen Monat kehrten elf Kinder mit ihren Müttern aus dem Lager Roj in die Niederlande und vier nach Schweden zurück. Auch Dänemark und Deutschland haben im Oktober Gruppen von Kindern mit ihren Müttern repatriiert. "Natürlich brauchen diese Prozesse Zeit, aber jede zusätzliche Minute ist eine Minute zu viel für Kinder, die unter verzweifelten Bedingungen leben", betont Sonia Khush.
Save the Children arbeitet seit 2015 in Roj und seit 2016 in Al Hol und bietet in beiden Lagern wichtige Unterstützung in den Bereichen Bildung, Kinderschutz und Ernährung an.
Hinweise für die Redaktion:
Save the Children fordert alle Staaten mit minderjährigen Staatsangehörigen in Syrien auf:
1. Kinder in erster Linie als Kriegsopfer anzuerkennen und zu behandeln, auch diejenigen, die gezwungen wurden, sich dem IS anzuschließen;
2. Staatsangehörige ohne weitere Verzögerungen zurückzuholen und ihre Wiedereingliederung in ihr Heimatland zu unterstützen;
3. Grundrechte zu wahren und die dringenden humanitären Bedürfnisse zu befriedigen;
4. Willkürlich festgehaltene Kinder freizulassen und mit ihren Familien zu vereinigen;
5. Sich zu Nicht-Diskriminierung und Gleichbehandlung zu verpflichten.
Neben einer sicheren, menschenwürdigen Rückkehr der Kinder und ihrer Familien in ihre Heimat fordert Save the Children eine Ausweitung der humanitären Hilfe in den Lagern zum Schutz aller Kinder.
* Name zum Schutz geändert
Über Save the Children: Im Nachkriegsjahr 1919 gründete die britische Sozialreformerin Eglantyne Jebb Save the Children, um Kinder in Deutschland und Österreich vor dem Hungertod zu retten. Heute ist die inzwischen größte unabhängige Kinderrechtsorganisation der Welt in rund 120 Ländern tätig. Save the Children setzt sich ein für Kinder in Kriegen, Konflikten und Katastrophen. Für eine Welt, die die Rechte der Kinder achtet. Eine Welt, in der alle Kinder gesund und sicher leben und frei und selbstbestimmt aufwachsen und lernen können - seit über 100 Jahren.
Pressekontakt:
Save the Children Deutschland e.V.
Pressestelle - Marie-Sophie Schwarzer
Tel.: +49 (0)30 - 27 59 59 79 - 226
Mail: marie.schwarzer@savethechildren.de
Original-Content von: Save the Children Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/106106/5177829
© 2022 news aktuell