
DJ KONJUNKTUR IM BLICK/Euroraum-Inflation nähert sich 7 Prozent
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Krieg Russlands gegen die Ukraine bringt vor Ort Tod und menschliches Leid, für Mitteleuropa aber volkswirtschaftlich gesehen einen doppelten Schock: Die Wachstumsaussichten trüben sich ein, weil Verunsicherung herrscht und die Nachfrage sinkt. Zugleich steigen die Preise beschleunigt, denn die kriegführenden Parteien sind wichtige Lieferanten von Energierohstoffen und Agrarprodukten. Überlagert wird dieses Geschehen von der weiter schwelenden Corona-Pandemie und den von ihr ausgelösten Lieferkettenproblemen.
Nach der Veröffentlichung von Wachstumsfrühindikatoren wie Einkaufsmanagerindizes und Ifo-Geschäftsklima in der abgelaufenen Woche bringt die anstehende Woche nun vor allem Preis- und Arbeitsmarktdaten. Den Reigen eröffnen am Mittwoch Spanien (9.00 Uhr) und Deutschland (14.00 Uhr) mit ihren Verbraucherpreisdaten für März.
Deutsche Inflation steigt im März weiter
Die Verbraucherpreise in Deutschland sind seit einiger Zeit weit entfernt vom Wohlfühlbereich der inflationsaversen Deutschen. Um 5,1 Prozent lagen sie im Februar in nationaler Definition über dem Niveau des Vorjahresmonats und sogar um 5,5 Prozent in europäischer Definition, gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI). In diesen Zahlen war der Treibstoffpreisanstieg, den der Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar auslöste, noch nicht enthalten. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten Jahresteuerungsraten in den beiden oben genannten Indizes von 6,2 und 6,7 Prozent.
Spaniens HVPI dürfte mit einer Jahresrate von 7,9 (Februar: 7,6) Prozent zugelegt haben. Inflationsdaten aus Frankreich und Italien werden am Donnerstag um 8.45 Uhr bzw. 11.00 Uhr veröffentlicht.
Ukraine-Krieg treibt Euroraum-Inflation weiter an
Der durch den Krieg und die Angst vor einem Ölembargo gegen Russland ausgelöste Anstieg der Treibstoffpreise dürfte auch zu einem deutlichen Anstieg der ohnehin stark erhöhten Inflation im Euroraum geführt haben. Volkswirte erwarten, dass die Verbraucherpreise mit einer Jahresrate von 6,9 (Februar: 5,9) Prozent gestiegen sind. Für die Kernteuerung (ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise) wird ein Anstieg auf 3,2 (2,7) Prozent prognostiziert. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird diese Entwicklung genau beobachten. Sie will sich wegen der möglichen Auswirkungen des Preisschocks für die mittelfristige Inflation, die bei 2 Prozent liegen soll, die Option schaffen, ihre Zinsen noch in diesem Jahr zu erhöhen.
Auch der PCE-Deflator zieht an
In den USA ist der Preisdruck in den USA noch größer als der in Europa. Im Februar stiegen die Verbraucherpreise auf Jahressicht um 7,9 Prozent. Die US-Notenbank, die kürzlich erstmals seit 2018 ihre Zinsen erhöht, achtet aber vor allem auf den Preisindex der persönlichen Konsumausgaben (PCE-Deflator) für den am Donnerstag (14.30 Uhr) Februar-Daten veröffentlicht werden. Volkswirte erwarten einen Anstieg der Jahresrate auf 6,5 (6,1) Prozent, beim Kern-PCE-Deflator sind es 5,6 (5,2) Prozent.
US-Arbeitsmarkt zeigt anhaltende Stärke
Auf dem US-Arbeitsmarkt ist ein Ende des kräftigen Aufschwungs nicht in Sicht. Es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass der Krieg, der die Benzinpreise auf ein Rekordhoch getrieben hat und die Belastung der globalen Lieferketten noch verstärken dürfte, Auswirkungen auf den US-Arbeitsmarkt und die Wirtschaftstätigkeit hat.
Ökonomen rechnen mit einem Zuwachs von 450.000 (Februar: 678.000) Stellen. Die Arbeitslosenquote soll demnach von 3,8 auf 3,7 Prozent sinken. Die Stärke des US-Arbeitsmarktes könnte die US-Notenbank dazu bringen, den Leitzins bei ihrer nächsten Sitzung im Mai um 50 Basispunkte anzuheben. Fed-Chef Jerome Powell hatte zuletzt gesagt, dass die US-Notenbank die Zinsen "zügig" und möglicherweise "aggressiver" anheben müsse, um zu verhindern, dass sich die hohe Inflation verfestige.
Arbeitslosigkeit in Europa unverändert
In Europa dürfte die Arbeitslosigkeit dagegen unverändert geblieben sein. Volkswirte sehen die deutsche saisonbereinigte Arbeitslosenquote im März auf dem Vormonatsniveau von 5,0 Prozent (Donnerstag, 9.55 Uhr) und die des Euroraums im Februar (Donnerstag, 11.00 Uhr) gleichfalls unverändert bei 6,8 Prozent.
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March 25, 2022 11:24 ET (15:24 GMT)
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