DJ EZB/Lane: Zinskurs datenabhängig - Unsicherheit weiter sehr hoch
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Philip Lane, will sich auf keine Aussage zum wahrscheinlichen Zeitpunkt von Zinserhöhungen festlegen. In einem Interview mit Politico wies Lane darauf hin, dass die seit der EZB-Ratssitzung am 10. März veröffentlichten Daten sowohl auf eine höhere Inflation als auch auf eine Eintrübung der Verbraucher- und Unternehmensstimmung hindeuteten. "Es gibt Szenarien, in denen es angemessen wäre, noch in diesem Jahr mit der Normalisierung der Zinssätze zu beginnen. Und dann gibt es natürlich auch Szenarien, in denen ein späterer Schritt angebracht sein könnte", sagte Lane.
Nach seiner Aussage ist der durch den Überfall Russlands auf die Ukraine ausgelöste Vertrauensschock potenziell ein großes Risiko für den Wachstumsausblick. "Entweder wird sich dieser anfängliche Vertrauensschock verfestigen und die Menschen werden für eine lange Zeit zögerlich sein, oder, wenn der Krieg eher früher als später eine diplomatische Lösung findet, könnten sich diese Vertrauensindizes vielleicht erholen", sagte er. Deshalb überwiege im Moment die Unsicherheit.
Wenn Investitions- und Einstellungspläne sowie der Konsum gestoppt würden, dann werde das die europäische Wirtschaft zu verlangsamen, selbst wenn die direkte Exponierung gegenüber der russischen Wirtschaft und der Ukraine quantitativ begrenzt sei. Der EZB-Rat hatte im März beschlossen, die Nettoanleihekäufe im dritten Quartal einzustellen, wenn sich bis dahin der mittelfristige Inflationsausblick nicht eingetrübt hat. Lane sagte: "Das Ende des dritten Quartals ist in sechs Monaten. Die Aussichten sind angesichts des Krieges und des Wiederaufflammens der Pandemie sehr unsicher."
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/mgo
(END) Dow Jones Newswires
March 29, 2022 10:15 ET (14:15 GMT)
Copyright (c) 2022 Dow Jones & Company, Inc.