
DJ Lindner: Stopp russischer Gaslieferungen im Moment nicht möglich
Von Andreas Kißler
LUXEMBURG/BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat ein schnellstmögliches Ende aller Wirtschaftsbeziehungen zu Russland gefordert, aber derzeit ein Embargo auf russische Gaslieferungen erneut abgelehnt. "Wir müssen scharfe Sanktionen vorsehen, aber Gas ist kurzfristig nicht substituierbar", betonte Lindner vor einer Sitzung der Eurogruppe in Luxemburg. "Wir würden uns mehr schaden als ihm", sagte er mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Schnellstmöglich müssen alle wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland beendet werden", betonte er. Jedoch sei es "im Moment nicht möglich", die Gaslieferungen zu beenden.
Ein nächstes Sanktionspaket müsse vorbereitet werden, dabei gehe es "darum, den Druck auf Putin weiter zu erhöhen, ohne uns in besonderer Weise selbst zu schwächen". Lindner bekräftigte die Absicht, schnellstmöglich unabhängig zu werden von Energieimporten aus Russland. "Dabei muss differenziert werden zwischen Gas, Kohle und Öl", weil die Substituierung unterschiedlich lang dauere. Auf die Frage, ob auch neue Sanktionen möglicherweise danach differenzierten, sagte Lindner auf Englisch: "Keine Spekulation von mir."
Das Treffen in Luxemburg stehe "unter dem Eindruck der schrecklichen Ereignisse in der Ukraine". Es könne "jetzt keinen Zweifel mehr geben, dass wir es mit einem verbrecherischen Krieg zu tun haben", meinte der FDP-Vorsitzende. "Wladimir Putin stellt sich damit dauerhaft außerhalb der Gesellschaft der Völkergemeinschaft, und darauf muss reagiert werden."
Thema der Beratungen sollen auch die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die EU sein. Privathaushalte und Wirtschaft wolle man schützen vor den negativen Auswirkungen. Es gehe "kurzfristig darum, die Menschen nicht im Stich zu lassen, und die Existenzgefährdung von Betrieben abzuwenden". Dazu wolle man koordiniert vorgehen.
Die Euro-Finanzminister wollen bei ihrer Sitzung laut der Agenda auch generell die gesamtwirtschaftliche Lage und die gesamtwirtschaftlichen Aussichten für die Eurozone diskutieren. "Die Tendenzen sind ganz offensichtlich, dass wir weitere Wachstumsabschwächungen erwarten müssen", war bereits im Vorfeld im Bundesfinanzministerium betont worden. Zudem soll es unter anderem auch erneut um das Thema des digitalen Euro gehen.
Bei der Sitzung aller EU-Minister am Dienstag soll neben den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs die geplante globale Mindestbesteuerung für große Unternehmen im Zentrum stehen, für die eine endgültige Einigung auf eine entsprechende EU-Richtlinie bisher noch aussteht.
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April 04, 2022 09:53 ET (13:53 GMT)
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