DJ Sparkassen-Volkswirte: EZB-Anleihekäufe im Sommer beenden
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte sich bei der Normalisierung ihrer Geldpolitik nach Aussage der Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe nicht vom Ukraine-Krieg abhalten lassen. In einer aktuellen Stellungnahme fordern sie die EZB auf, ihre Nettoanleihekäufe "möglichst im Sommer" zu beenden und in der zweiten Jahreshälfte mit Zinsanhebungen zu beginnen.
"Staatliche Stützungsprogramme und die expansive Geldpolitik der Notenbanken haben in der Corona-Krise geholfen, die wirtschaftliche Nachfrage zu stabilisieren. Die derart stimulierte Nachfrage überfordert allerdings mittlerweile an vielen Stellen die Rohstoff-, Produktions- und Transportkapazitäten und die Preise steigen immer schneller", schreibt Reinhold Rickes, Chefvolkswirt des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV).
Nach Aussage von Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, sollte die EZB ihren geldpolitischen Stimulus "zügig zurückfahren". "Die Inflation im Euroraum droht zum Selbstläufer zu werden", warnte er. Das Vertrauen, dass Europas Notenbanken die Inflation weiter so niedrig halten könnten wie in der Vergangenheit, sei gebrochen.
Die gravierende Beeinträchtigung der internationalen Lieferketten durch den Ausfall des russischen, ukrainischen und belarussischen Angebots wirkt nach Aussage der Sparkassen-Chefvolkswirte weiter inflationstreibend und gleichzeitig konjunkturschädlich. "Es ist in dieser Situation für die Europäische Zentralbank jedoch keine Alternative, über eine ultralockere Geldpolitik die Nachfrage im gleichen Umfang zu unterstützen, wie dies in der jüngsten Pandemie der Fall gewesen ist", urteilen sie.
Vielmehr müsse mehr und mehr das Augenmerk auf die Verhinderung eines fortschreitenden Inflationsprozesses gelegt werden, dessen ökonomische Kosten am Ende höher wären als die kurzfristigen positiven Konjunktureffekte durch eine Fortsetzung der gegenwärtigen Geldpolitik.
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April 05, 2022 05:00 ET (09:00 GMT)
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