DJ Kabinett stimmt Osterpaket für Klimaschutz zu - FDP will Änderungen
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Das Bundeskabinett hat einem umfangreichen Gesetzespaket zugestimmt, mit dem der Ausbau der erneuerbaren Energien zu Wasser, Land und auf dem Dach vorangetrieben werden soll. Das sogenannte "Osterpaket" stellt laut dem von den Grünen geführten Bundeswirtschafts- und Klimaministerium die "größte energiepolitische Novelle seit Jahrzehnten" dar. Aufgrund des russischen Einmarschs in der Ukraine und der deutschen Abhängigkeit von russischer Energie will die Koalition beim Ökostromausbau Tempo machen. Aus Reihen der FDP kamen bereits Forderungen nach einer Aufweichung der Vorschläge. Die SPD will nachschärfen.
Viele Ziele aus dem Koalitionsvertrag werden in den fünf Gesetzesänderungen aufgegriffen, andere gehen über das hinaus, was Ende November vereinbart wurde. Nach der Kabinettsentscheidung muss nun noch der Bundestag zustimmen. Während der Beratungen mit den Abgeordneten sind daher noch Änderungen denkbar.
Bei den erneuerbaren Energien werden die Ausbauziele wie im Koalitionsvertrag vereinbart massiv angehoben. Bis 2030 soll 80 Prozent der Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien kommen, nach rund 42 Prozent im vergangen Jahr. Außerdem soll nun bis 2035 der Strom in Deutschland nahezu vollständig aus erneuerbaren Energien stammen.
"Bis 2045 wollen wir ein klimaneutrales Industrieland sein", erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Dies werde für den Klimaschutz gemacht. "Gleichzeitig gewinnen wir so Unabhängigkeit, ökonomisch und politisch." Das im Kabinett beschlossene Osterpaket sei dabei ein "wichtiger Schritt in unserer Koalition".
Mehr Flächen für Wind und Solar
Herzstück des "Energiesofortmaßnahmenpakets" soll der Grundsatz sein, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Bei Schutzgüterabwägungen soll die Nutzung aus erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang gelten, bis Deutschland die Treibhausgasneutralität erreicht hat. Dies soll den Ökostromausbau in Genehmigungsfragen und bei Gerichtsentscheidungen erleichtern.
Außerdem werden mit den Vorhaben neue Flächen für den Ausbau von Solaranlagen bereitgestellt, die Beteiligung der Kommunen bei Wind an Land und Photovoltaik ausgeweitet, windschwache Standorte verstärkt erschlossen und die Rahmenbedingungen für den Ausbau von Photovoltaikdachanlagen verbessert.
Konkret werden dazu fünf Gesetze angepasst: das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG), das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), das Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG), das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) sowie weitere Gesetze und Verordnungen im Energierecht.
SPD will Verschärfung, FDP will Aufweichung
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, erklärte zum Osterpaket, dass anders als in der Koalition mit der Union nun mit den anderen Partnern in der Ampel-Koalition "echter Fortschritt" möglich sei. "Gemeinsam werden wir den Gesetzentwurf zügig beraten und überall dort, wo weitere Verbesserungen möglich sind, nachschärfen", so Miersch.
Die FDP positionierte sich allerdings kritischer. Der Beschluss im Kabinett sei eine "Diskussionsgrundlage" für die anschließenden Beratungen im Bundestag. "Die FDP stimmt formal zu, damit wir schnell vorankommen können. Abweichungen vom Koalitionsvertrag (z.B. klimaneutrales Stromsystem 2035, Contract for Differences/CfD) müssen parlamentarisch korrigiert werden", forderte Lukas Köhler, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP-Fraktion und zuständig für Klima und Energiefragen, auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Damit verwies er auf die Pläne im Gesetzesvorhaben, dass bei zentral voruntersuchten Windanlagen auf See der Zuschlag künftig an den Bieter geht mit dem geringsten anzulegenden Wert für einen solchen CfD Differenzvertrag mit 20-jähriger Laufzeit. Dadurch soll der Ausbau der Offshore-Windenergie auf absehbarer Zeit ohne staatliche Förderung erfolgen, so das Wirtschaftsministerium.
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April 06, 2022 06:47 ET (10:47 GMT)
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