DJ EZB rechnet mit Ende der Nettokäufe im 3Q und verspricht Flexibilität
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat das Niveau seiner Leitzinsen bestätigt und wie erwartet beschlossen, das Monatsvolumen seiner Nettoanleihekäufe wie geplant bis Juni auf 20 Milliarden Euro pro Monat zu verringern. Ein Ende der Nettoanleihekäufe im dritten Quartal hält er für wahrscheinlich, einen definitiven Beschluss hierzu traf er unter Verweis auf den kriegsbedingt unsicheren Ausblick jedoch nicht.
"Die Geldpolitik der EZB wird von den eingehenden Daten und der sich entwickelnden Beurteilung der Aussichten durch den EZB-Rat abhängen", heißt es im geldpolitischen Statement. Unter den gegenwärtigen Bedingungen großer Unsicherheit werde der EZB-Rat bei der Durchführung der Geldpolitik Optionalität, Gradualismus und Flexibilität beibehalten.
"Der EZB-Rat wird die Maßnahmen ergreifen, die erforderlich sind, um den Auftrag der EZB zu erfüllen, Preisstabilität zu gewährleisten und zur Sicherung der Finanzstabilität beizutragen."
In einer neuen Passage betonte das Gremium zudem, dass es bei seinen Anleihekäufen weiterhin flexibel vorgehen werde, um eine ordnungsgemäße Übertragung der Geldpolitik sicherzustellen.
Bekräftigt wurde zudem, dass die Leitzinsen bis auf weiteres auf ihren aktuellen Niveau bleiben und die Tilgungsbeträge fällig gewordener Anleihen aus dem APP- und PEPP-Programm für längere Zeit wiederangelegt werden sollen. Die Sonderkonditionen für Kredite aus dem TLTRO-Programm sollen wie bisher geplant im Juni auslaufen.
Folgende Beschlüsse fasste der EZB-Rat im Einzelnen:
1. APP-Programm
Die EZB will das monatliche APP-Kaufvolumen von derzeit 40 Milliarden Euro auf 30 Milliarden im Mai und 20 Milliarden Euro im Juni verringern. "Bei der heutigen Sitzung war der EZB-Rat die Auffassung, dass die seit seiner vorigen Sitzung eingegangenen Daten seine Erwartung bestärken, dass die Nettokäufe von Assets im Rahmen seines APP-Programms im dritten Quartal abgeschlossen werden sollten", heißt es in der Erklärung.
Zugleich heißt es aber weiter: "Die Kalibrierung der Nettokäufe für das dritte Quartal wird datenabhängig sein und die sich entwickelnde Einschätzung der Aussichten durch den EZB-Rat widerspiegeln." Die Tilgungsbeträge der APP-Wertpapiere sollen für längere Zeit über den Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung hinaus voll wiederangelegt werden.
2. Zinsen und Forward Guidance
Der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität werden unverändert bei 0,00 Prozent, 0,25 Prozent bzw. minus 0,50 Prozent belassen.
Der EZB-Rat geht davon aus, dass die EZB-Leitzinsen so lange auf ihrem aktuellen Niveau bleiben, bis er einen Anstieg der Inflation auf ihr Ziel von 2 Prozent deutlich vor dem Ende des Projektionszeitraums und dauerhaft für den Rest dieses Zeitraums erkennen kann. Auch müssen die schon erreichten Fortschritte bei der unterliegenden Inflation so deutlich erkennbar sein, dass eine mittelfristige Stabilisierung der Inflation bei 2 Prozent plausibel scheint.
Zinsänderungen soll es erst einige Zeit nach dem Ende der Nettoanleihekäufe unter dem APP-Programm geben, sie sollen zudem nur graduell ausfallen. Der Zinspfad soll weiterhin von der Forward Guidance und der strategischen Verpflichtung bestimmt werden, die Inflation mittelfristig bei 2 Prozent zu stabilisieren.
3. PEPP-Programm und Forward Guidance
Die Tilgungsbeträge von unter dem Pandemiekaufprogramm PEPP erworbenen Anleihen sollen bis mindestens Ende 2024 wiederangelegt werden. Das Auslaufen der Wiederanlage soll so gesteuert werden, dass eine Beeinträchtigung des geldpolitischen Kurses vermieden wird. Die EZB kann die Wiederanlage flexibel handhaben.
Vor allem für den Fall einer abermaligen "Fragmentierung", also eines Anstiegs der Renditedifferenzen von Staatsanleihen, kann die Wiederanlage flexibel hinsichtlich Zeitpunkt, Asset-Klasse und Herkunftsland erfolgen. Das gilt auch für griechische Staatsanleihen, die die EZB falls nötig über die reine Wiederanlage hinaus kaufen dürfte. Auch eine Wiederaufnahme der Nettokäufe insgesamt ist möglich.
4. Refinanzierungsbedingungen
Die EZB wird die Refinanzierungsbedingungen der Banken beobachten und dafür sorgen, dass das Fälligwerden von TLTRO3-Geschäften nicht die reibungslose Übertragung der Geldpolitik beeinträchtigt. Sie will zudem regelmäßig prüfen, wie gezielte Kreditoperationen ihre geldpolitische Ausrichtung beeinflussen.
Die Sonderkonditionen der TLTRO3 sollen wie geplant im Juni 2022 auslaufen. Die EZB will für eine angemessene Kalibrierung ihres zweistufigen Systems von Einlagenzinsen sorgen, damit der negative Einlagenzins nicht die Fähigkeit der Banken zur Kreditvergabe einschränkt.
5. Flexibilität
Der EZB-Rat ist bereit, alle seine Instrumente im Rahmen seines Mandats anzupassen und dabei gegebenenfalls flexibel vorzugehen, um sicherzustellen, dass sich die Inflation mittelfristig bei seinem Ziel von 2 Prozent stabilisiert. "Die Pandemie hat gezeigt, dass unter angespannten Bedingungen die Flexibilität bei der Gestaltung und Durchführung der Ankäufe von Assets dazu beigetragen hat, der gestörten Transmission der Geldpolitik entgegenzuwirken, und die Bemühungen des EZB-Rats zur Erreichung seines Ziels effektiver gemacht hat", heißt es dazu.
Im Rahmen des Mandats des EZB-Rats werde die Flexibilität unter angespannten Bedingungen ein Element der Geldpolitik bleiben, wenn die geldpolitische Transmission das Erreichen der Preisstabilität gefährde.
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April 14, 2022 08:16 ET (12:16 GMT)
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