DJ Pfizer, Moderna und J&J nehmen Impfstoff für Atemwegsvirus RSV ins Visir
Von Peter Loftus
NEW YORK (Dow Jones)--Nach Covid-19 nehmen die großen Pharmakonzerne ein anderes Atemwegsvirus ins Visier, an dem in den USA jedes Jahr bis zu 500 Kinder sterben und das seit Jahrzehnten zu den häufigsten Ursachen für Krankenhausaufenthalte in dem Land gehört. Das Respiratorische Synzytialvirus (RSV) befällt fast jeden irgendwann und verursacht bei den meisten Menschen leichte, erkältungsähnliche Symptome. Bei Säuglingen und älteren Erwachsenen kann es jedoch zu ernsten Gesundheitsproblemen wie Atembeschwerden und Lungenentzündung führen. RSV ist eine der letzten verbliebenen Kinderkrankheiten, gegen die es keinen zugelassenen Impfstoff gibt.
Zurzeit testen mehrere Arzneimittelhersteller, darunter Pfizer, Johnson & Johnson (J&J), Moderna und Glaxosmithkline, Impfungen, die nach Ansicht von Experten für Infektionskrankheiten vielversprechend sind, um RSV-Erkrankungen sicher zu verhindern. Die Entwicklung der meisten dieser Impfstoffe begann bereits vor der aktuellen Pandemie, doch der rasche Erfolg bei der Suche nach wirksamen Covid-19-Impfstoffen hat nach Ansicht von Analysten die Bemühungen um RSV verstärkt.
Wenn die großen klinischen Studien, die derzeit an Zehntausenden von Probanden durchgeführt werden, die Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffkandidaten bestätigen, planen Pfizer, J&J und Glaxosmithkline, noch in diesem Jahr die Zulassung zu beantragen. Eine oder mehrere der Impfungen könnten dann im nächsten Jahr verfügbar werden, sagen die Unternehmen und Analysten. Die Impfungen könnten älteren Erwachsenen oder schwangeren Frauen verabreicht werden, um Neugeborene in den ersten Lebensmonaten vor RSV zu schützen. Sanofi und Astrazeneca entwickeln zurzeit ein Medikament auf Antikörperbasis, das Neugeborenen direkt verabreicht werden könnte, um RSV-Erkrankungen zu verhindern.
"Die Auswirkungen wären enorm", sagte Dr. Janet Englund, eine Spezialistin für Atemwegsviren am Seattle Children's Hospital, die sich auf die RSV-Forschung konzentriert hat. "Es würde sich auf die Zahl der Krankenhausaufenthalte auswirken. Kleine Babys müssten nicht mehr so oft ins Krankenhaus."
RSV-Impfstoffe könnten zudem eine bedeutende neue Einnahmequelle für die Arzneimittelhersteller sein. Nach Schätzungen der Analysten von SVB Leerink könnte der Markt für solche Impfstoffe gemessen am weltweiten Umsatzpotenzial ein Volumen von mindestens 10 Milliarden Euro erreichen. Pfizer hat in diesem Monat die Übernahme von Reviral Ltd. vereinbart, einem Unternehmen, das Behandlungen für RSV entwickelt.
Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention führen RSV-Infektionen in den USA jedes Jahr zu etwa 58.000 Krankenhausaufenthalten bei Kindern unter fünf Jahren und 177.000 Krankenhausaufenthalten bei Erwachsenen ab 65 Jahren. Bis zu 500 Kinder und etwa 14.000 ältere Erwachsene sterben jedes Jahr daran - in etwa so viele wie an einer Grippe.
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April 15, 2022 09:39 ET (13:39 GMT)
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