DJ IWH: Regionale Effekte bei Lieferstopp für russisches Gas unterschiedlich
Von Andreas Kißler
HALLE/BERLIN (Dow Jones)--Ein Stopp der russischen Gaslieferungen würde zu einer Rezession der deutschen Wirtschaft führen - aber nicht alle Regionen wären davon laut dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) gleich betroffen. Das IWH rechne vor allem dort, wo das Verarbeitende Gewerbe ein großes Gewicht habe, mit einem deutlich stärkeren Einbruch der Wirtschaftsleistung als andernorts. Werde unterstellt, dass die Gasmengen in den einzelnen Industriezweigen im Frühjahr 2023 proportional gekürzt würden, entstünden Wertschöpfungsverluste, die auch auf die übrigen Wirtschaftsbereiche ausstrahlten.
Nach den Berechnungen des IWH wäre mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2023 um rund 2 Prozent zu rechnen. Wie sehr die einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland davon betroffen wären, könne anhand ihrer Wirtschaftsstruktur abgeschätzt werden, denn die Wirtschaftsbereiche würden in unterschiedlichem Ausmaß von der Krise erfasst: Das Verarbeitende Gewerbe sowie die Wirtschaftszweige Bergbau und Energieversorgung wären besonders betroffen.
Werde der Rückgang an Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen proportional zum jeweiligen Anteil der Kreise an der gesamten Wertschöpfung eines Wirtschaftsbereichs auf die Kreise umgelegt, so ergebe sich eine große Spreizung. "Wo das Verarbeitende Gewerbe eine besonders hohe Wertschöpfung erzielt, etwa in etlichen Kreisen und Städten Süddeutschlands, ist auch mit besonders hohen Wertschöpfungsverlusten zu rechnen", sagte IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller.
In Ostdeutschland falle der Wertschöpfungsverlust geringer aus als im Westen, weil das Verarbeitende Gewerbe in Ostdeutschland mit 14 Prozent ein geringeres Gewicht an der gesamten Wertschöpfung habe als in Westdeutschland mit 21 Prozent. Holtemöller betonte, aufgrund der unterschiedlichen Arbeitsproduktivität in den Kreisen seien die zu erwartenden Effekte auf die Beschäftigung prozentual nicht identisch mit den zu erwartenden Wertschöpfungsverlusten. "Je geringer die Arbeitsproduktivität ist, desto mehr Erwerbstätige sind von einem bestimmten Wertschöpfungsrückgang betroffen", stellte der Ökonom fest.
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April 26, 2022 05:24 ET (09:24 GMT)
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