TALLINN/RIGA (dpa-AFX) - Überschattet von Russlands Krieg gegen die Ukraine haben Angehörige der starken russischen Minderheit in Estland und Lettland den sogenannten "Tag des Sieges" begangen. In den Hauptstädten Riga und Tallinn legten Tausende Menschen am russischen Feiertag zum Gedenken an den sowjetischen Sieg über Hitler-Deutschland unter strengen Sicherheitsbedingungen Blumen an sowjetischen Denkmälern nieder. Auch in Städten in den überwiegend von Russischsprachigen bewohnten Ostteilen der beiden EU- und Nato-Länder gab es am Montag Gedenkveranstaltungen. Größere Zwischenfälle gab es dabei nach Polizeiangaben zunächst nicht.
Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte es in Estland und Lettland Befürchtungen gegeben, dass es am 9. Mai zu Zwischenfällen und Provokationen kommen könnte. In beiden EU-Ländern besteht die Bevölkerung zu rund einem Viertel aus ethnischen Russen, die häufig auch familiäre Bindungen nach Russland haben. Unter ihnen gibt es Umfragen zufolge teils Unterstützung für den Kurs des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Großaufgebote der Polizei sicherten in den Hauptstädten die streng regulierten Veranstaltungen. In Riga etwa konnten die Menschen ihre Blumen nicht selbst am sowjetischen Siegesdenkmal niederlegen, sondern mussten sie an Tischen abgeben, die außerhalb eines Zauns rund um das Denkmal aufgestellt waren. Dort wurden sie von Helfern entgegengenommen und zum Fuße des Denkmals gebracht. Auch in Tallinn wurde Medienberichten zufolge der Besucherstrom reguliert.
Estland und Lettland waren im Zweiten Weltkrieg abwechselnd von der Sowjetunion und Deutschland besetzt. Nach Kriegsende blieb die beiden Baltenstaaten - wie auch Litauen - bis 1991 unfreiwillig Teil der Sowjetunion. Die meisten Esten und Letten sehen den 9. Mai daher nicht als Tag des Sieg über Hitler-Deutschland, sondern des Beginns der erneuten Besatzung ihrer Heimatländer durch die Sowjetunion./awe/DP/men